Schulpastoral und Spiritualität

Im Dialog mit den Menschen in der Schule

Ein neues Bischofspapier beschreibt „Eckpunkte zur Weiterentwicklung der Schulpastoral“. Von Ulrich Geißler.

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Foto: Janis Fasel auf Unsplash.com

Die Deutsche Bischofskonferenz hat am 11. Januar 2021 die Erklärung „Im Dialog mit den Menschen in der Schule – Eckpunkte zur Weiterentwicklung der Schulpastoral“ veröffentlicht. 25 Jahre nach der Schrift „Schulpastoral – der Dienst der Kirche an den Menschen im Handlungsfeld Schule“ (1996) nehmen damit die Bischöfe erneut Stellung zu Fragen der Schulpastoral, die in den vergangenen Jahren an kirchlichen und staatlichen Schulen ausgebaut wurde. Die Bischöfe wollen mit dieser Erklärung die schulpastorale Arbeit vor Ort stärken und gleichzeitig Impulse für die Weiterentwicklung schulpastoraler Konzepte geben.

In der Einleitung wird zunächst im Rückblick positiv beschrieben, was nach wie vor seit dem Bischofspapier von 1996 gilt und sich bewährt hat. Die konkrete Arbeit an den Schulen wird gewürdigt und es werden gelungene Beispiele aus einer Vielzahl von sozialdiakonischen Aktivitäten und spirituellen Angeboten benannt. Das Spektrum reicht von Schulgottesdiensten und spirituellen Elementen über Eine-Welt-Projekte, ökologische Initiativen, Streitschlichter- und Tutorenprogramme oder Eltern-Cafés bis hin zu individueller Beratung und Krisenseelsorge bei Unfällen, Trauerfällen und in anderen schwierigen Situationen.

Veränderungen und Herausforderungen

Die Schule und die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler haben sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. Schule ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Stichworte sind die religiös-weltanschauliche Pluralität der Schüler- und Lehrerschaft, die Heterogenität, die Anforderungen der Inklusion, die Digitalisierung und die Klimakrise. Diese Veränderungen beschäftigen nicht nur die Schulpädagogik und die Bildungspolitik. Sie fordern auch das pastorale Handeln der Kirche in der Schule heraus.

 

Schulpädagogische Überlegungen

Projekte der Schulpastoral werden schulpädagogisch begründet:

      • Die Schulentwicklung wird unterstützt.
      • Bei der Gestaltung einer humanen Schule wird mitgewirkt.
      • Zur Verwirklichung des Bildungsauftrags der Schule werden Beiträge geleistet.

Den schulpastoralen Aktivitäten liegt als Leitidee von Schule zugrunde:

      • Unterstützung der Persönlichkeitsbildung
      • Schaffung eines für alle förderlichen Arbeitsklimas
      • Beteiligung aller am Aufbau und an der Entwicklung der Schulgemeinschaft.


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astoraltheologische Überlegungen

Auf den Seiten 28 bis 36 werden auf diesem Hintergrund pastoraltheologische Überlegungen beschrieben. Einige markante Zitate daraus:

„Die christliche Grundüberzeugung, dass jeder Mensch von Gott gewollt, anerkannt und geliebt ist, verwirklicht sich in einer pastoralen Praxis, die von der vorbehaltlosen Anerkennung des anderen und des aktiven Zuhörens bestimmt ist. Den anderen anzuerkennen heißt, seine Freude und Hoffnung, seine Trauer und Angst wahrzunehmen und seine Erfahrungen und Überzeugungen ernst zu nehmen. (S. 28) […] Pastorale Angebote können deshalb nur im Dialog mit den anderen entwickelt und verwirklicht werden. (S. 28)

Der Respekt vor der Freiheit des Menschen, die vorbehaltlose Anerkennung des anderen und der gleichberechtigte Dialog mit den anderen sind Leitlinien der Schulpastoral. Schulseelsorgerinnen und Schulseelsorger hören den Schülern, Lehrern und allen, die in einer Schule tätig sind, aufmerksam zu, nehmen die Situation der jeweiligen Schule differenziert wahr und entwickeln mit Schulleitungen, Lehrern, anderen Professionen in der Schule und Schülern gemeinsam Projekte und Angebote, die den Bedürfnissen der jeweiligen Schulen entsprechen und einen Beitrag zur Entwicklung der Schulkultur leisten.

Schulpastoral folgt einem Verständnis von Evangelisierung als Inkulturation, damit das Evangelium in der Schulkultur wirksam werden kann. Schulseelsorgerinnen und Schulseelsorger verstehen sich als Wegbegleiter. (S. 29)

Eine zentrale Aufgabe gegenwärtiger Schulpastoral besteht darin, die Lebensrelevanz des christlichen Glaubens in der Schule erfahrbar zu machen. Diese Aufgabe gelingt erfahrungsgemäß am besten in dia- konischen Angeboten und in der Krisenseelsorge bei Unfällen, Trauerfällen oder in anderen schwierigen Situationen. (S. 30) […] Diakonisches Handeln und Erziehung zum diakonischen Engagement sind Grundvollzüge kirchlicher Seelsorge. (S. 30)

Der Zusammenhang von Diakonie und Glaubenskommunikation zeigt sich auch in ökologischen Projekten. Schulpastoral kann das Umweltengagement von Jugendlichen unterstützen und ihnen ggf. auch in Kooperation mit außerschulischen Partnern Wege eröffnen, dieses Engagement in zielführende politische Projekte oder in einen nachhaltigen Lebensstil zu übersetzen. (S. 31)

Schulpastoral erschöpft sich nicht in diakonischem Handeln. An vielen Schulen haben Gottesdienste einen festen Platz. (S. 32) […] (Daneben) haben sich auch andere liturgische Angebote etabliert. (S. 32) […]

Einer hohen Nachfrage erfreuen sich schulpastorale Angebote, die Jugendliche in ihrer Suche nach Orientierung in Lebensentscheidungen unterstützen, wie z. B. die „Tage religiöser Orientierung“. (S. 32 f.) […]

Schließlich findet Schulpastoral oftmals in alltäglichen Begegnungen statt, die nicht vorhersehbar und nicht planbar sind, – in den Pausen, in Vertretungsstunden, am Kaffeeautomaten im Lehrerzimmer, auf Klassenfahrten oder bei Elternsprechtagen. Gerade in diesen Situationen ist es wichtig, dem anderen mit Interesse zu begegnen und aufmerksam zuzuhören. (S. 33)

Während staatliche Schulen Orte pastoralen Handelns sind, kann man katholische Schulen als Kirchorte verstehen. Schulpastoral ist an katholischen Schulen integraler Bestandteil des Erziehungsauftrags der Schule und prägt die Schulkultur. (S. 34) […]

Für die meisten Schülerinnen und Schüler im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter ist die Schule nicht selten der erste und einzige Ort, an dem sie über Jahre hinweg kontinuierlich dem christlichen Glauben begegnen – im Religionsunterricht, in den Angeboten der Schulpastoral oder der schulbezogenen Jugendpastoral. Damit hat die Schule heute eine größere Bedeutung für die Glaubenskommunikation mit Kindern und Jugendlichen als in früheren Jahrzehnten.

Schulpastoral kann und will die Jugendpastoral nicht ersetzen. Es ist jedoch sinnvoll, die Schule als Ort pastoralen Handelns und die Schulpastoral in das pastorale Konzept der Diözese aufzunehmen und das Zusammenwirken von Schulpastoral, Jugendpastoral und Gemeindepastoral mit Blick auf die regionalen Verhältnisse zu bedenken.“ (S. 35)

Foto: Hannah Busing auf unsplash.com

Eckpunkte zur Weiterentwicklung der Schulpastoral

Schließlich werden auf den Seiten 37 bis 47 Eckpunkte für die Weiterentwicklung der Schulpastoral formuliert.

Hier schreiben die Bischöfe der Schulpastoral auch eine wachsende Bedeutung für das Lernen religiöser Toleranz unter Kindern und Jugendlichen zu. In den immer pluraler werdenden Schulen könnten Projekte, in denen Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Religionszugehörigkeit zusammenarbeiten, Vorurteile abbauen und gegenseitiges Verständnis fördern.

Schulpastoral wirke als Anwalt einer religionssensiblen Schule und trage zu einer Schulgemeinschaft bei, in der religiös bedingte Konflikte auf faire Weise gelöst, Differenzen geachtet und Gemeinsamkeiten gestärkt werden. Religion könne eine Quelle für ein gelingendes Zusammenleben sein und fundamentalistischen Formen von Religiosität vorbeugen.

Die Schulpastoral sollte aus Sicht der Bischöfe auch zu einer positiven Gestaltung des Lebensraums Schule und zu mehr Inklusion beitragen. Gerade weil Ganztagsangebote zunähmen und die Jungen und Mädchen einen wachsenden Teil ihres Lebens an der Schule verbrächten, könne sie Persönlichkeitsbildung und Bildungsgerechtigkeit stärken und mit dafür sorgen, dass Menschen mit Beeinträchtigungen und sozial oder kulturell benachteiligte Jugendliche gleichberechtigt am Schulleben teilnehmen.

Ein besonderes Augenmerk legen die Bischöfe auf die Vorbeugung von sexuellem Missbrauch und die Risiken und Chancen der digitalen Medien. Schulseelsorger und Schulseelsorgerinnen könnten gemeinsam mit Lehrkräften und Eltern Präventionsmaßnahmen gegen sexuellen Missbrauch entwickeln und durchführen. Zugleich könnten sie Vertrauenspersonen von Jugendlichen sein. Ebenso könnte die Schulpastoral zu einem reflektierten Umgang mit digitalen Medien beitragen und etwa für den Schutz von Daten und Privatsphäre werben sowie einen Ethikkodex befördern, der vor Hasskommentaren oder Cybermobbing schützt.

Schulpastoral solle zudem dabei mitwirken, dass Kinder und Jugendliche Verantwortung für ihr soziales Umfeld übernehmen und zugleich über den Tellerrand des eigenen Lebens hinausblicken.

Da Schule ein wichtiger Ort der Glaubenskommunikation mit Kindern und Jugendlichen, aber auch mit Lehrkräften und Eltern sei, sollen die Aufgaben der Schulpastoral im diözesanen Pastoralkonzept beschrieben werden und ihr damit einen Ort im pastoralen Handeln der Diözese gegeben werden. Die Vernetzung mit anderen pastoralen Handlungsfeldern wie Jugend-, Gemeinde- und Sakramentenpastoral sei zu fördern. Die Zusammenarbeit mit der evangelischen Schulseelsorge an vielen Schulen wird sehr begrüßt.

Fazit

Das neue Papier der deutschen Bischöfe begründet und erklärt einerseits Schulpastoral für Menschen in der Schule, die nichts mit Pastoral und theologischen Begriffen anfangen können. Die große gemeinsame Schnittmenge schulpädagogischer und pastoraltheologischer Überlegungen stützt die vielfältige Arbeit engagierter Menschen in der Schule als Wegbegleiter und Vertrauenspersonen. Andererseits wird Schulpastoral innerkirchlich deutschlandweit für die Pastoral der Zukunft als bedeutsam beschrieben, in diözesanen Konzepten verankert und in klaren Qualitätsstandards gesichert.

Das bedeutet eine große Bestärkung der Referentinnen und Referenten in den verschiedenen Bistümern sowie der Akteure und Akteurinnen der Schulpastoral an den Schulen vor Ort.

Die Broschüre „Im Dialog mit den Menschen in der Schule. Eckpunkte zur Weiterentwicklung der Schulpastoral“ (Die Deutschen Bischöfe Nr. 208) kann auf der Internetseite der deutschen Bischofskonferenz  unter „Publikationen“ bestellt oder als PDF-Datei geladen werden.

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