Information und Fortbildung

Mit dankbarem Blick zurück

Helga Neudert, Referentin für Ganztagsschulbildung und Marianne Huth, Mitarbeiterin im RPI verabschieden sich in den Ruhestand. Die Interviews führte Anja Legge.

Religionslehrerin i. K., 1991–2017 an der Goethe-Hauptschule Würzburg, 2017-2020 an der Don Bosco Berufsschule Würzburg mit dem Schwerpunkt Migration und Integration, Seit 1997 in der Schulpastoral tätig, seit 1998 Beratungstätigkeit bei der Internetseelsorge, seit 2008 Referentin für Ganztagsschulbildung
  • Wie hat sich die Schulpastoral verändert und wo liegen die Herausforderungen der Zukunft?

Am Ende der 1990er Jahre war Schulpastoral Pionierarbeit und hatte ein Nischendasein. 1998 durfte ich am bayerischen Pilotprojekt „Schulpastoral an Hauptschulen“ mitwirken. Seitdem hat mich die Schulpastoral nicht mehr losgelassen. Bald erlebten die Schulleitungen, dass „die Kirche“ viel Positives zu bieten hat, was über den normalen Religionsunterricht hinaus geht. Sie waren den Akteuren schnell dankbar für ihr unterstützendes Handeln. Schulpastoral kann dann angeboten werden, wenn eine Religionslehrkraft dazu bereit und qualifiziert ist. Schulpastoral ist ein Geschenk der Kirche an die Schule. Die große Herausforderung ist, dass wir als Kirchenvertreterinnen und -vertreter in der Schule in einem Fremdsystem arbeiten. Die Akteure der Schulpastoral sind hier Gäste. Wenn sie aber die jeweiligen Bedürfnisse der Schule berücksichtigen und sich konstruktiv und sensibel einbringen, können sie viel Segensreiches bewirken.

Als Integrationslehrkraft hatten Sie viel mit jungen Menschen anderer Religionen und Herkunftsländer zu tun. Was würden Sie empfehlen, damit Integration gelingt?

Ich würde den Kirchenvertretungen „empfehlen“, mit gutem Beispiel positive Zeichen zu setzen. Dann beginnt Integrationsarbeit. Mein Leitmotiv war stets, „da“ zu sein für die Menschen, die Unterstützung brauchen, besonders auch Zugewanderte. Die große Frage ist: Wie schaffen wir es, dass die Menschen unsere Frohbotschaft verstehen? Die kirchliche Sprache ist für alle – nicht nur für die Zugewanderten – eine Fremdsprache geworden. Worthülsen müssen wir deshalb in eine verständliche Sprache übersetzen. Gerne blicke ich auch auf meine 24-jährige Mitarbeit bei der Internetseelsorge Würzburg zurück. Ich durfte erfahren, dass wir mit diesem Medium eine Tür für die Menschen öffnen, die es nicht (mehr) schaffen, den klassischen Gottesdienstraum zu betreten. Die Kirchenverantwortlichen sollten sich immer wieder auf neue Formate einlassen und zum Beispiel digitale Möglichkeiten zur Begleitung verstärkt nutzen. Außerdem wünsche ich mir, dass wir mutig, kreativ und gemeinsam mit freiwillig Engagierten verschüttete Kraftquellen ans Licht bringen.

Schülerinnen und Schüler verbringen heute oft mehr Zeit in der Schule als zu Hause. Welche Folgen hat das?

Bereits 2008 hat das Schulreferat die Fachstelle Ganztagsschulbildung geschaffen. In bester Zusammenarbeit mit den Diözesanverantwortlichen für Schulpastoral, Ulrich Geißler und Helga Kiesel, durfte ich dazu beitragen, ein paar Weichen im damals noch umstrittenen Feld der Ganztagsschulen zu stellen. Neben der Familie ist die Schule heute DER Lebensraum für junge Menschen. Auf dieses Phänomen habe ich unermüdlich hingewiesen. Damit die Pastoral eine Zukunft haben kann, sollte sie sich dieser gesellschaftlichen Veränderung besonders widmen.

1981–2022 Religionslehrerin i. K. an der Grund- und Hauptschule Dettelbach mit Zweigstelle Bibergau, vier Jahre Realschule Dettelbach, sieben Jahre Grundschule Martinsheim, Seit 1997 Mentorin für den Pastoralkurs an Grund- und Hauptschule Dettelbach, seit 2003 Referentin bei Theologie im Fernkurs und Diözesanmentorin für die Studierenden, seit 2008 Seminarlehrerin und Mitarbeit im Religionspädagogischen Institut

Inwiefern hat sich der Stellenwert katholischer Religionslehre an Grundschulen in den vergangenen 40 Jahren verändert?

An meiner Schule in Dettelbach hatte Religion schon immer große Bedeutung. Ich habe stets großes Wohlwollen, Vertrauen und Wertschätzung erfahren – auch von Kollegen, die der Kirche eher fernstehen. Stark verändert hat sich dagegen die Schülerschaft: Die Heterogenität ist größer geworden, junge Eltern stehen der Kirche distanzierter gegenüber, schauen kritischer hin. Vielerorts ist kaum noch Verwurzelung in der eigenen Gemeinde da. Corona hat diesen Prozess verstärkt: Um den Gruppenverband zu gewährleisten, wurde an vielen Schulen eine Art Werteerziehung eingeführt, bei der das „typisch“ Katholische oder Evangelische ein wenig untergeht. Von uns Lehrkräften erfordert das noch mehr Überzeugung, Aufmerksamkeit und Selbstbewusstsein.

Was war Ihnen bei der Ausbildung und Begleitung angehender Religionslehrkräfte besonders wichtig? Was brauchen junge Religionslehrer?

Zunächst einmal eine gute theologische Grundausbildung, pädagogische Erfahrung und einen Blick für den Entwicklungsstand der Kinder. Für den konkreten Unterricht setze ich auf eine gute Kenntnis des Lehrplans und gute Unterrichtsplanung, einen roten Faden. Und dann natürlich die Identifikation mit dem, was man tut. Weil das in diesen Zeiten schwieriger geworden ist, unterscheiden viele zwischen Amtskirche und dem, was sie selbst ganz konkret tun und vorleben. Nur so kann man als Mensch authentisch und wahrhaftig bleiben. Um genau solche Dinge geht es auch bei Mentoring und Begleitung, die ich für sehr wichtig halte, damit sich die eigene Lehrerpersönlichkeit und Spiritualität weiterentwickeln können. Vor allem aber braucht es Freude an der Arbeit!

Welche Schwerpunkte haben Sie bei der Entwicklung religionspädagogischer Materialien und Konzepte gesetzt?

Im Religionspädagogischen Institut haben wir 2016 aufgrund des neuen LehrplanPlus ein Konzept entwickelt, das Religionslehrkräfte bei der Jahresplanung, der Themenauswahl und der konkreten Stundenvorbereitung helfen soll. Im Mittelpunkt steht dabei die Kompetenzorientierung, das heißt: Die SchülerInnen sollen Dinge eigenständig erarbeiten. Bei der Erstellung von Materialien war uns wichtig, Neugierde zu wecken und eine bunte Vielfalt anzubieten. Ziel ist es, einen geführten Freiraum zu eröffnen. Und zwar für die Lehrkraft wie für die Schüler. Ich kann bei einer Bildbetrachtung nur dann glaubhaft über die Botschaft des Bildes sprechen, wenn es mich selbst anspricht. Dann springt der Funke über. Dann wird die Lehrkraft zum Medium des eigenen Unterrichts. Und dann können auch die SchülerInnen Denkfähigkeit und Mündigkeit entwickeln.

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