Feedback im kompetenzorientierten Religionsunterricht
Religionspädagogische Strukturierung und empirische Beispiele. Von Stefan Heil und Nicola Velte-Ries.
Feedback gehört spätestens seit der Einführung des LehrplanPLUS und der damit verbundenen Kompetenzorientierung zum Standardrepertoire religionspädagogischer Professionalität. Dabei kommt es entscheidend darauf an, wie reflektiert Feedback im Religionsunterricht verwendet wird. Denn Feedback ist kein Selbstzweck, sondern hilft der Lehrkraft bei der Einschätzung, ob die gewählten didaktisch-methodischen Entscheidungen zur Lerngruppe passen und zum Lernerfolg führen.
Der Artikel klärt daher in einem ersten Schritt den Begriff Feedback und zeigt grundsätzliche Feedbacktypen auf (1), stellt daran anschließend Feedbackformen und Bedingungen für den kompetenzorientierten Religionsunterricht vor (2) und konkretisiert dies an praxiserprobten empirischen Beispielen aus dem Religionsunterricht der Grundschule (3).
1. Feedback I: Begriff und Typologie
Begriff
Feedback ist kein genuiner Begriff der Religionspädagogik. Sein ursprüngliches Sprachspiel stammt aus dem Behaviorismus bzw. der Kybernetik (vgl. Lenhard 2016, 2). Dort meint Feedback eine programmierbare und steuerbare Rückkopplung oder Rückmeldung von Teilsystemen zu einem Gesamtsystem. Die Etymologie des Begriffs (von engl. zurück-füttern) deutet dies an: Ein Regelkreis muss mit Daten „gefüttert“ werden, um zu funktionieren. Besonders in der Rezeption der Hattie-Studie (vgl. Hattie 2014) und des kompetenzorientierten Unterrichts gewinnt der Begriff an Bedeutung als Bestandteil für einen am Outcome orientierten Lernprozess. Dabei wird der Begriff nicht mehr kybernetisch als automatisierter Prozess, sondern als Bestandteil der pädagogischen Professionalität von Lehrkräften verstanden, um die angezielten Kompetenzen bei Schülerinnen und Schülern gezielt anzugehen.
Eine knappe und gut verständliche Definition von Feedback entwickeln Wisniewski und Zierer: „Feedback ist eine auf Daten basierende Rückmeldung zwischen Personen“ (Wisniewski/Zierer 2018, 26). Der Feedbackgeber sammelt Daten von anderen Personen und gibt diesen dadurch datenbasiert eine Rückmeldung. Für die pädagogische Umsetzung bedeutet dies, dass die handelnden Personen im Unterricht am Prozess des Feedbackgebens beteiligt sind, um einen Lernzuwachs bei Lernenden zu erzielen (vgl. auch Bastian/Combe/Langer 2016, 23).
A. Lehrkräfte geben den einzelnen Schülerinnen und Schülern ein Feedback: Dies ist die gängigste Form des Feedbacks und kommt in jeder Unterrichtseinheit vor. Feedback geben ermöglicht Schülerinnen und Schülern, ihren Lernprozess zu optimieren und sollte nach Hattie hinsichtlich der Aufgabe, des Lösungsprozesses sowie der Selbstregulation erfolgen (zur Vertiefung vgl. Sanders/Zierer 2019). Feedback gehört dabei zum wesentlichen Bestandteil des Lernerfolgs hinsichtlich des Lernzuwachses. Weitere Voraussetzungen des erfolgreichen L>S-Feedbacks sind Motivation, Bezug zu Lernzielen, Informationsinhalt über die Leistung sowie Berücksichtigung des Leistungsstandes (zur Vertiefung vgl. Weckend/Schatz/Zierer 2019 21 ff.).
B. Schülerinnen und Schüler geben der Lehrkraft ein Feedback: Durch den kompetenzorientierten Unterricht ist diese Form des Feedbacks verstärkt in den Blick genommen worden. Lehrkräfte profitieren davon, indem sie merken, wie ihre Schülerinnen und Schüler „ticken“. Es geht darum, den Lernprozess „mit ihren Augen zu sehen“ (vgl. Visible Learning, Glossar f ür Hattie-Begriffe), Lernen sichtbar zu machen, um für die spezifische Lerngruppe die passenden didaktisch-methodischen Entscheidungen zu treffen.
C. Lehrkräfte geben sich untereinander ein Feedback: Dieser Typ zielt auf kollegiale Beratung ab; aber auch der klassische Unterrichtsbesuch in der Ausbildung zählt zu dieser Kategorie. Das Feedback wird untereinander gegeben, um sich gegenseitig zu verbessern.
D. Schülerinnen und Schüler geben sich untereinander ein Feedback: Dieser Typ des Feedbacks wird dann eingesetzt, wenn Schülerinnen und Schüler als Expertinnen und Experten für ein bestimmtes Thema fungieren und dies ihren Mitschülerinnen und Mitschülern nahebringen. Ähnlich wie Typ 3 bleibt das Feedback unter strukturell ähnlichen Personen.
Theoretisch kann diese Typologie noch erweitert werden, indem alle am Unterricht beteiligten Personen einbezogen werden wie z.B. auch Schulbehörden oder Erziehungsberechtigte. Die beiden Kerntypen bilden jedoch die Typen A und B.
Der Einsatz der unterschiedlichen Feedback-Typen im Unterricht dient dazu, den Lernprozess zu optimieren und die angezielten Kompetenzen grundzulegen. Dabei gehört das Feedback in erster Linie zur sog. „Formativen Evaluation“ als „jegliche Aktivität, die dazu benutzt wird, den Lernstand und Lernfortschritt von Schülerinnen und Schülern während des Lernprozesses zu bestimmen. Die `Summative Evaluation´ dient hingegen dazu, nach der Durchf ührung des Lernens das Ergebnis zu evaluieren“ (Visible Learning, Glossar f ür Hattie-Begriffe). Wird in vielen Unterrichtsprozessen (und Fortbildungen) nach der Veranstaltung evaluiert, so dient die formative Evaluation gerade dazu, im Verlauf des Lernprozesses eine Rückmeldung zu geben, um den Lernprozess evtl. verändern zu können. Dazu dienen die vier Feedback-Typen.
2. Feedback II: Formen und Professionalität
Feedbackformen
Die Feedbacktypen bilden den strukturellen Rahmen, wie Feedback im Unterricht vorkommen kann. Dies muss nun weiter operationalisiert werden, um den gezielten Einsatz des Feedbacks didaktisch-methodisch zu ermöglichen. Dazu gehören die Feedbackformen.
Zum Einsatz des Feedbacks in pädagogischen Prozessen gibt es mittlerweile eine Vielzahl an praktischen und wissenschaftlichen Studien mit unterschiedlichen methodischen Formen (vgl. z.B. Bastian/ Combe/Langer 2016; Falck 2023; Vierbuchen/Bartels 2019; Wilkening 2016). Zur Operationalisierung des Feedbacks in den unterrichtlichen Kontext existiert ein regelrechter Fundus an Instrumenten. Als Orientierung zur Strukturierung der verschiedenen Formen kann in Anlehnung an die Definition von Feedback nach Wisniewski und Zierer eine Vierfeldtafel dienen mit den Dimensionen der teilnehmenden Personen sowie der Art der Daten. Dadurch ergeben sich vier Bereiche (vgl. Heil 2017, 39).
Die teilnehmenden Personen können jeweils einzeln ein Feedback geben oder innerhalb der gesamten Gruppe. Die gesammelten Daten können verbal geäußert werden oder auch nonverbal. Dadurch ergeben sich vier Formen, wie das Feedback strukturiert werden kann: verbal-monologisch, verbal-dialogisch, nonverbal-monologisch und nonverbal-dialogisch. Beispiele für diese vier Formen sind:
Pädagogische Professionalität
Da das Feedback im pädagogischen Feld an die Professionalität der Lehrkräfte rückgebunden ist, muss diese aus den verschiedenartigen Feedbackformen auswählen, welche Form der Situation angemessen ist. Verbindet man diese vier Formen des Feedbacks mit den jeweiligen Typen, so lässt sich folgendes Schema zur situativen Anwendung im Unterricht erstellen:
Die Lehrkraft kann aus diesen einzelnen Bereichen auswählen, an welchen Stellen sie welchen Typ und welche Form einsetzt, um den Lernprozess voranzubringen. Entscheidet sie sich beispielsweise für den Typ „Schülerinnen und Schüler geben der Lehrkraft ein Feedback“, dann muss sie überlegen, welche Form dafür und in der Lerngruppe geeignet ist, z.B. das „verbal-monologische Feedback“ mittels Symbolen. Die religionspädagogische Professionalität entscheidet dann, an welchen Stellen des Lernprozesses das Feedback eingesetzt werden kann, z.B. am Ende einer Unterrichtseinheit. Ziel ist es immer, einen Lernzuwachs zu erzielen, um dem pädagogischen Auftrag gerecht zu werden.
Wie kann das Feedback nun gezielt im Religionsunterricht eingesetzt werden? Feedback kann an unterschiedlichen Stellen im Verlauf einer Unterrichtsstunde oder einer Sequenz platziert werden. Im kompetenzorientierten Religionsunterricht hat das Feedback zusammen mit der Reflexion sowohl in der Unterrichtsstunde als auch der Sequenz (vgl. Heil u.a. 2023) eine eigene Phase im Unterrichtsverlaufsplan. Es versteht sich dabei von selbst, dass Feedback stets wertschätzend, respektvoll und kommunikativ-handelnd erteilt wird. Die folgenden Beispiele zeigen, wie die unterschiedlichen Feedbacktypen und Feedbackformen didaktisch-methodisch umgesetzt werden.
3. Beispiele aus dem RU der Grundschule
3.1 Verbal-monologisches Feedback
Symbole
Die Arbeit mit Symbolen ermöglicht Schülerinnen und Schülern, anhand eines konkreten Gegenstandes einen abstrakten Gedanken zu formulieren. Aufgrund der Doppelstruktur des Symbols (konkret/abstrakt) wird der Zugang zu einem eigenen Feedback durch einen konkret erfahrbaren Gegenstand erleichtert.
Didaktisch-methodische Umsetzung
Die Lerngruppe kommt am Ende einer Unterrichtseinheit im Kreis zusammen. In der Mitte befindet sich ein Körbchen mit verschiedenen Gegenständen: Ein Schlüssel, ein Stein, ein Herz, eine Feder oder ein Wattebausch, eine Murmel, ein Stück Seil mit einem Knoten, eine kleine Glühbirne, ein Bonbon aus Glas, eine Nuss.
Die Lehrkraft lädt die Kinder mit einem geeigneten Impuls dazu ein, die vergangene Lernphase zu reflektieren. Ein solcher Impuls könnte lauten:
„Schließe deine Augen. Erinnere dich noch einmal an die heutige Stunde. Vielleicht gibt es etwas, das dir noch durch den Kopf geht – etwas, das dich noch beschäftigt oder etwas, das dir besonders in Erinnerung geblieben ist. Öffne deine Augen. Betrachte die Gegenstände in der Mitte in Ruhe. Suche dir mit den Augen einen Gegenstand aus, der gut zu deinem Gedanken passt.“
Anschließend wird das Körbchen mit den Gegenständen reihum gereicht. Die Lernenden dürfen einen Gegenstand herausnehmen und entweder mit Hilfe des Satzbausteines oder frei einen Gedanken formulieren und somit einen Bezug zwischen Gegenstand und Unterrichtsinhalt herstellen. In Bezug auf die biblische Erzählung vom barmherzigen Samariter könnten beispielhafte Schüleräußerungen lauten:
Herz – „Für mich war heute besonders, dass gerade der verfeindete Samariter zum Helfen angehalten hat und den Verletzten versorgt hat.“
Glühbirne – „Ich wusste gar nicht, dass die Samariter mit den Judäern verfeindet waren. Das war für mich heute neu.“
Watte – „Als der Samariter den Verletzten getragen hat, habe ich ein ganz weiches Gefühl im Bauch gespürt.“
Die Methode lädt sowohl dazu ein, eine spontane emotionale Rückmeldung zum Lerninhalt zu geben als auch sachliche Zuwächse zu verbalisieren oder weitere Fragen nach Sachverhalten zu stellen. Somit lassen sich Brücken zu anderen Inhalten bauen.
3.2 Verbal-interaktives Feedback
Kartenabfrage
Diese Rückmeldungsform ermöglicht den Schülerinnen und Schülern freie Äußerungsmöglichkeiten zu einer vorbereiteten Frage. Am Ende der Sequenz erhält die Lehrkraft dadurch eine Rückmeldung zum Lernzuwachs der Schülerinnen und Schüler und deren Interesse am Thema. Die Antworten lassen sich der Häufigkeit nach sortieren und thematisch kategorisieren, sodass die Lehrkraft eine umfassende Rückmeldung zu ihrer Anfrage erhält.
Didaktisch-methodische Umsetzung
Je nachdem, ob die Kartenabfrage in Partnerarbeit oder als Einzelarbeit angebotenwird, zählt sie als verbal-interaktive oder nonverbal-monologische Rückmeldungsform. Als digitale Evaluationsmöglichkeit kann sie z.B. über die Software „Oncoo“ angelegt und den Lernenden zur Verfügung gestellt werden.
Die Lerngruppe hat sich in der vorangegangenen Sequenz mit dem Lernbereich 12 „Menschen anderer Religionen begegnen – Juden und Muslime“ beschäftigt und ist dabei verschiedenen Teilaspekten nachgegangen. Über die Plattform „Oncoo.de“ kann die Lehrkraft nun die sogenannte Kartenabfrage nutzen und folgende Fragestellung digital an die Lerngruppe richten:
Was war für dich das Interessanteste, das du in den letzten Wochen neu dazugelernt hast?
Verbal-interaktiv angelegt, können sich die Schülerinnen und Schüler nun beispielsweise in Partnerarbeit beraten, Themenaspekte im kurzen Murmelgespräch noch einmal in Erinnerung bringen und anschließend über einen mittels oncoo.de generierten Link mehrere Beiträge als digitale Karten innerhalb der Umfrage absenden. Auf einer virtuellen Pinnwand entsteht nun eine zunächst ungeordnete bunte Zusammenschau an Rückmeldungen der Lernenden zur Fragestellung (aufgrund von Urheberrechten hier nicht im Original nachgestellt) – Abbildung 6.
Diese digitalen Karten können nun weiter thematisch kategorisiert, miteinander symbolisch in Verbindung gebracht oder mit Überschriften versehen werden. Die Lehrkraft sowie die Lerngruppe erhalten sowohl durch die Anzahl der Rückmeldungen zu einem Themenbereich (quantitativ) als auch durch die Beschreibung inhaltlicher Schwerpunkte (qualitativ) eine Rückmeldung zur vorangegangenen Sequenz und zum Lernzuwachs der Schülerinnen und Schüler.
Die Abbildung 7 zeigt beispielhaft eine Möglichkeit einer Kategorisierung – jedoch gibt es auch andere Möglichkeiten, die Rückmeldungen zu ordnen.
Ein Fazit der Feedbackrunde könnte beispielweise lauten: Unsere Klasse hat sich besonders für die fünf Säulen des Islam interessiert und hier viel dazugelernt.
Passend wäre an dieser Stelle als weitere Frage: „Was möchtest du noch über den Islam herausfinden?“, um die Sequenz zu vervollständigen, bevor sie abgeschlossen wird.
3.3 Nonverbal-monologisches Feedback
Fragebogen
Der Fragebogen ist ein klassisches Instrument, um subjektive Einstellungen und Einschätzungen zu erheben, bei denen es im Feedback geht. Der Vorteil eines Fragebogens ist, dass er eine umfassende und für alle gleich zugängliche Form ist, bei der auch ruhigere Schülerinnen und Schüler sich beteiligen und ihre Einstellungen kundtun können. Dadurch erhält man einen repräsentativen Querschnitt der Lerngruppe. Der bevorzugte Einsatz ist am Ende einer Unterrichtseinheit oder Sequenz.
Didaktisch-methodische Umsetzung
Beispielhaft wird hier ein Fragebogen vorgestellt, den die Lernenden im Anschluss an ein philosophisches Gespräch ausfüllen, um die einzelnen Unterrichtsphasen, den Inhalt des Gesprächs sowie die Methode zu reflektieren.
Das Bilderbuch „böse“ (Pauli.L/ Schärer K.) dient als Hinführung zur Philosophischen Frage „was ist böse?“ und dem folgenden philosophischen Gespräch in der Gruppe. In der kreativen Nacharbeit erhalten die Lernenden mittels verschiedener Arbeitsmittel und
Werkzeuge Möglichkeiten zum Vertiefen und kreativen Ausdrücken eigener Gedanken.
Auf diese Weise erhält die Lehrkraft eine Rückmeldung dazu, ob das Bilderbuch die Kinder angesprochen hat, wie die Lernenden das philosophische Gespräch wahrgenommen haben und als wie wirkungsvoll die Angebote der kreativen Nacharbeit empfunden wurden. Anhand der Ergebnisse kann die Lehrkraft Segmente der Unterrichtseinheit anpassen und optimieren.
Zielscheibe analog
Die Zielscheibe ist eine spielerische Form des nonverbalen-monologischen Feedbacks, die im Unterschied zum Fragebogen schnell und unmittelbar Rückmeldung gibt. Auf der Zielscheibe geben Lernende nonverbal eine individuelle Rückmeldung, indem sie sich zu ausgewählten Aussagen auf der Zielscheibe positionieren. Dazu setzen die Schülerinnen und Schüler einen Klebepunkt in je eines der vier Felder. Für die Lerngruppe ist das Ergebnis auf einen Blick zu erfassen. Je näher der Klebepunkt in die Mitte gesetzt wird, desto größer ist die Zustimmung zur Aussage. Sowohl Inhalte als auch angewandte Methoden können dabei reflektiert werden.
Didaktisch-methodische Umsetzung
Die Lernenden lassen sich mittels eines philosophischen Gesprächs in der Unterrichtsstunde auf das Thema „was ist Mut?“ ein und vertiefen anschließend einzelne thematische Aspekte dazu. Es besteht Freiwilligkeit in Bezug auf eine aktive bzw. passive Teilnahme daran. Nachdem der Gesprächsball wieder die Gesprächsleitung erreicht und die Sanduhr letzte Gedanken in der Gruppe auslaufen lässt, kann die Zielscheibe eine geeignete Feedbackmethode sein, um der Lerngruppe nach der vorausgegangenen verbalen Phase eine kurze, prägnante und nonverbale Rückmeldungsmöglichkeit zum vorangegangenen Gespräch zu bieten.
Im Bereich „Ich habe gut zugehört“ erhält die Lehrkraft beispielsweise eine Rückmeldung zum Empfinden der Gruppe in Hinblick auf die Gesprächsregeln, während die Aussage „Ich konnte einen neuen Gedanken zum Thema finden“ eine individuelle Rückmeldung zum inhaltlichen Lernzuwachs gibt.
Zielscheibe digital
Wer die Möglichkeiten hat, eine digitale Rückmeldungsform mit der Lerngruppe durchzuführen, kann wiederum auf die digitale Zielscheibe über oncoo.de zurückgreifen.
Hierbei wählt die Lehrkraft thematische Aspekte aus, zu denen sie sich eine Rückmeldung durch die Lernenden wünscht. Im hier genannten Beispiel erscheinen in der Ansicht der Teilnehmenden die vier Aussagen, zu denen eine Rückmeldung durch Zuordnung zu den Ziffern eins bis fünf erbeten wird.
Anschließend erhalten die Schülerinnen und Schüler einen generierten Link bzw. QR-Code, der sie zur Teilnahme an der Evaluation einlädt. Nach Versenden der Rückmeldung durch einen Teilnehmenden entsteht auf der Zielscheibe automatisch eine Visualisierung des Feedbacks mittels farblicher Markierung. Je mehr Rückmeldungen eingehen, desto mehr Punkte werden auf der digitalen Zielscheibe abgebildet. Die Lerngruppe kann die Rückmeldung zu den einzelnen Aussagen auf einen Blick erkennen.
Daumenprobe
Wenig zeitaufwendig, um eine Rückmeldung der Lernenden zu einem Lerninhalt oder einer Methode zu erhalten, ist der Einsatz der Daumenprobe. Die Daumenprobe ermöglicht ein unmittelbares Feedback und ist daher besonders auch während einer Unterrichtsstunde möglich, z.B. im Hinblick auf eine bestimmte Methode. Aber auch am Ende einer Unterrichtsstunde kann so der Lernprozess und der Lernerfolg rückgemeldet werden.
Didaktisch-methodische Umsetzung
Um sicherzustellen, dass die Lernenden sich nicht von Mitschülerinnen und Mitschülern beobachtet und somit unter Druck gesetzt fühlen, ein bestimmtes Feedback zu geben, werden sie dazu eingeladen, die Augen während der Feedbackphase zu schließen. Folgende Gesten sind möglich:
Der Daumen zeigt nach oben → Ich stimme zu
Der Daumen zeigt zur Seite → Naja, ich weiß nicht so recht
Der Daumen zeigt nach unten → Ich stimme nicht zu
Beispielhaft können folgende Aussagen mittels Daumenprobe reflektiert werden:
Lerntagebuch
Das Lerntagebuch ist – anders als die vorherigen Feedbackformen – eine Methode, um sich intensiver und individueller mit einem Thema auseinanderzusetzen. Ähnlich wie in einem Tagebuch wächst das Lerntagebuch zusammen mit den Unterrichtsinhalten, was das ständige Feedback ermöglicht. Das Lerntagebuch kann als begleitendes Heft kontinuierlich geführt werden und die Schülerinnen und Schüler somit das gesamte Jahr über begleiten.
Didaktisch-methodische Umsetzung
Das Lerntagebuch als Feedbackform dient, je nach inhaltlicher Schwerpunktsetzung, als Dokumentationsprozess des Lernenden über sein Arbeiten sowie der Lehrkraft zur Anpassung von Inhalten und Methoden im Unterricht. Das angeführte Beispiel ist bewusst so konzipiert, dass die Lernenden eine relativ offene Rückmeldung zu Lerneinheiten geben können und sich selbst über Lernzuwächse oder Arbeitsweisen bewusst werden.
3.4 Nonverbal-interaktives Feedback
Schreibgespräch
Das Schreibgespräch bietet den Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit, in ihrem Reflexionsprozess in Austausch miteinander zu gelangen und sich in ihren Aussagen aufeinander zu beziehen. Der Einsatz erfolgt am besten am Ende einer Unterrichtseinheit oder Unterrichtsstunde, um den Lernprozess interaktiv zu reflektieren.
Didaktisch-methodische Umsetzung
Im Unterricht haben die Schülerinnen und Schüler anhand eines Bodenbildes, das die Lerngruppe in die Lebenswelt einstimmt, die biblische Erzählung vom barmherzigen Samariter kennengelernt.
Die Erzählung wird durch eine arbeitsteilige Gruppenarbeit unterbrochen, in der sich die Gruppen durch die Arbeit am Bodenbild beziehungsweise am Standbild vertieft mit der Geschichte befassen. Am Ende der Lerneinheit kann nun ein Schreibgespräch zum Reflektieren der Gruppenarbeit herangezogen werden. Die Lehrkraft legt je nach Anzahl der Gruppen ein großes Tonpapier aus, das in vier Felder eingeteilt wird. In jedem der vier Felder befindet sich ein Impuls, der die Lernenden dazu einlädt, sich zu positionieren. Auch andere Lernende lesen die Beiträge und können sich wiederrum dazu inhaltlich positionieren. Diese Beiträge können durch Formulierungen wie „das sehe ich genauso“ Zustimmung oder durch Formulierungen wie „für mich war es ganz anders…“ eine andere Meinung zum Ausdruck bringen. Es entwickelt sich ein interaktives geschriebenes Gespräch – ein Schreibgespräch.
Die Beispiele der vier Feedbacktypen und ihrer Umsetzung in Feedbackformen haben deutlich gemacht, wie Feedback an unterschiedlichen Stellen im Lernprozess eingesetzt werden kann. Es obliegt der Professionalität der Lehrkraft, Feedback gezielt einzusetzen, um den Lernprozess voranzubringen. Feedback ist kein Selbstzweck, sondern steht immer im Dienste der Transparenz des Lernprozesses. Anders als die Evaluation ermöglicht Feedback daher, in den Prozess selbst einzugreifen und diesen zu gestalten. Für den kompetenzorientierten Religionsunterricht ist Feedback daher ein konstitutiver Bestandteil.
Alle im Text vorgestellten Materialien finden Sie hier zum Download.
Literatur
· Bastian, J./Combe, A./Langer, R. 4 2016, Feedback-Methoden. Erprobte Konzepte, evaluierte Erfahrungen, Weinheim und Basel.
· Buhren, Claus G., 2015, Feedback – Definitionen und Differenzierungen, in: Buhren, Claus G., Handbuch Feedback in der Schule, Weinheim u.a., 11–30.
· Falck, J. 2023, Lernförderliches Feedback im Unterricht. Anregungen und Beispiele für eine effektive Rückmeldekultur – mit klassischen und digitalen Tools, Hamburg.
· Frieß, A. 2021, Kindern im Unterricht konstruktiv Feedback geben. 27 hilfreiche Profi-Tipps für den Alltag als Lehrkraft in der Grundschule, Bayreuth.
· Hattie, John, Lernen sichtbar machen f ür Lehrpersonen, Baltmannsweiler 2014.
· Heil, S. 2017 (Hg.), Kompetenzorientiert Religionsunterricht planen. Grundlagen und Arbeitshilfen zum LehrplanPLUS für die 5. Jahrgangsstufe, Würzburg.
· Heil, S./Kunkel, G./Müssig, L./Och, M./Wald, M. 2023, Religionsunterricht kompetenzorientiert planen. Der ausführliche Unterrichtsentwurf, in: RelPädplus 3, 16-25.
· Lenhard, H. 2016, Evaluation/Feedback, in: https://www.bibelwissenschaft.de/fileadmin/buh_bibelmodul/media/wirelex/pdf/Evaluation_Feedback__2019-02-05_13_30.pdf (04.08.2023).
· Römisch-katholische Landeskirche des Kantons Luzern 2012, Instrumente zum SchülerInnen-Feedback. Qualitätssicherung und -entwicklung f ür Religionslehrpersonen (QSE/RLP) im röm.-kath. Religionsunterricht des Kantons Luzern, in: https://www.kath-nw. ch/images/fachbereiche/bildung-und-katechese/downloads/Vorlagen-fuer-Schuelerfeedbacks.pdf (04.08.2023).
· Sanders, B./Zierer, K. 2019, Schulisches Feedback: Welche Formen von Feedback verwenden Lehrende und wie lernwirksam schätzen Lernende diese ein?, in: https://www.ingentaconnect.com/contentone/plg/pr/2019/00000073/00000006/art00002?crawler=true&mimetype=application/pdf 04.08.2023).
· Schneider, Jost/Maitzen, Christoph (Hg.), 2016, Feedback-Kultur in der Schule – das Praxisbuch. Proftipps und Materialien aus der Lehrerfortbildung, Augsburg.
· Vierbuchen, M.-C./Bartels, F. (Hg.) 2019, Feedback in der Unterrichtspraxis. Schülerinnen und Schüler beim Lernen wirksam unterstützen, Stuttgart.
· Visible Learning, Glossar f ür Hattie-Begriffe, in: https://www. visible-learning.org/wp-content/files/Glossar-fuer-Begriffe-ausder-Hattie-Studie-Visible-Learning-Lernen-sichtbar-machen.pdf (04.08.2023).
· Weckend, D./Schatz, C./Zierer, K. 2019, Ich gebe und fordere Rückmeldung. – Feedback in der Unterrichtspraxis, in: Vierbuchen, M.-C./Bartels, F. (Hg.), Feedback in der Unterrichtspraxis. Schülerinnen und Schüler beim Lernen wirksam unterstützen, Stuttgart, 19–39.
· Wilkening, M. 2016, Praxisbuch Feedback im Unterricht. Lernprozesse reflektieren und unterstützen, Weinheim/Basel.
· Wisniewski, Benedikt/ Zierer, Klaus 2 2018, Visible Feedback: Ein Leitfaden für erfolgreiches Unterrichtsfeedback, Baltmannsweiler.