Medien und Digitalität

Künstliche Intelligenz und (religiöse) Bildung

Vom zweifelnden Bedenken zum bedachten Umgang. Von Johannes Heger.

Am 30.11.2022 postete Sam Altman, der CEO der Tech-Firma openAI, auf der Social-Media-Plattform twitter (unterdessen umbenannt in: „X“) den mittlerweile berühmten tweet „Today we launched ChatGPT. Try talking with it here: at.openai. com“. Diese unscheinbaren Zeilen markieren kultur-, sozial- und wissenschaftsgeschichtlich einen weiteren Schritt der bereits im 20. Jahrhundert begonnenen Entwicklung Künstlicher Intelligenz (KI) (Ertel 2016, 6-12) (Russell/Norvig 2012, 39-54). Trotz dieser evolutiven Linie eignet diesem „ChatGPT-Moment“ (BMBF 2023, 2) dennoch ein revolutionärer Aspekt: Denn spätestens mit der Veröffentlichung des Chatbots ChatGPT (= Genereative Pre-trained Transformer) wurde eine auf KI basierende Anwendung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich und mit all ihrem Potenzial bewusst. Seither überschlagen sich die Pressemeldungen zur Fortentwicklung der Technologie, zu neuen KI-Anwendungen, zur Erweiterung ihrer Einsatzmöglichkeiten und der Nutzererfahrungen, zu Chancen und zugleich zu drohenden Gefahren. In diesem Sinne befinden sich alle Bereiche der Kultur, der Wissenschaft, der Gesellschaft sowie des privaten Lebens – mehr denn je – im rasanten Strom dieser KI-bedingten Transformationen und weiterhin in einem kontinuierlichen Prozess des „learning by doing“. Begleitet werden diese Veränderungsprozesse nicht selten durch eine Rhetorik der Superlative, die in instrumenteller Absicht den technischen Fortschritt befeuern oder ausbremsen soll: So spricht Googles CEO Sundar Pichai bspw. davon, dass die Entwicklung der KI eine noch „grundlegendere“ Bedeutung hätte als die Nutzung von Feuer und Elektrizität (Breitfelder). Der umstrittene Neurowissenschaftler Manfred Spitzer dagegen greift auf andere Metaphern zurück: Er nutzt bzgl. der Veröffentlichung ChatGPTs das Bild der Befreiung eines Geistes aus der Flasche, der nunmehr in Form eines „Plauderroboters“ zugänglich sei. Im Jahr 2023 ginge es darum, in einer „kritischen Phase der Entwicklung und Nutzung von KI“ auch über „reale Risiken und Gefahren von böswilligen Menschen“ nachzudenken, die „KI für ihre Zwecke missbrauchen“ könnten (Spitzer 2023, v. a. 15; 26; 282f). Selten dienen auch theologische Zugänge zur Generierung von Narrativen: So fragt Werner Thiede bspw., ob es nicht für „nachdenkliche Christenmenschen“ sowie für „Theologie und Kirche“ angesichts der „digitalen Revolution“ die rechte Option sei, „explizite[n] Widerstand gegen kommende Auswüchse“ zu leisten (Thiede, 2015, 162) – womit wohl auch die Entwicklung von KI mit all ihren Kontroversen (z.B. im Hinblick auf ethische und anthropologische Fragestellungen) umfasst sein dürfte.

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Dass die Bildungsabteilung des Bistums Würzburg im Januar 2024 eine Tagung zum Thema „‚Mensch und Maschine‘ – Gute Bildung im Horizont künstlicher Intelligenz“ für schulische Verantwortungsträger in Unterfranken organisierte, ihren diözesanen Religionslehrertag ebenfalls dem Themenfeld „KI und religiöse Bildung“ widmete und diesen Fokus auch bei der vorliegenden Ausgabe von RelPädPlus behält, ist vor diesen Hintergründen kein Indiz für eine überbordende Faszination für Science-Fiction. Vielmehr nehmen die Verantwortlichen ihre Aufgabe ernst, religiöse Bildung in der Lebenswelt des 21. Jahrhunderts zu denken und zu begleiten. Denn letztlich stellen die technischen Entwicklungen auch Schüler:innen und (Religions-) Lehrkräfte vor die Frage nach einer verantworteten Positionierung sowie einem verantwortungsvollen Umgang mit den neuen technischen Möglichkeiten. Und darüber hinaus bleibt zu klären, ob bzw. in welchem Umfang KI in (Hoch-)Schule und (Religions-)Unterricht Einzug halten sollte. Im Rahmen der genannten Bistumsveranstaltungen war es die Aufgabe des Autors, diese Gretchenfragen im Anschluss an einen Vortrag bzw. in einem Workshop mit den anwesenden (Religions-)Lehrkräften und Verantwortlichen für schulische Bildung zu diskutieren. Der vorliegende Beitrag verfolgt nicht das Ziel, alle inhaltlichen Facetten der Inputs sowie sich anschließender Diskussionen abzubilden. Vielmehr hat er zum Ziel, gegen die verengende Binarität einer universalen Ja-Nein-Logik (Heger 2023, 30f.) einige Theoriehorizonte einzuspielen. Diese Puzzlestücke können zur individuellen, schulpolitischen und auch akademischen Ausrichtung zur erwähnten Gretchenfrage beitragen.

1 Zu Vorbehalten gegenüber KI im Kontext religiöser Bildung

Die ersten Teile dieses Puzzles widmen sich Anfragen, die im Diskurs über KI und (religiöse) Bildung begegnen: Muss die Theologie, um Wissenschaft zu bleiben, sich nicht auf ihre Wurzeln besinnen und „von der Kirche her und auf die Kirche hin“ denken (Körtner/Tück)? Bedeutet dies auch, sich auf theologische Kernbereiche zu begrenzen und periphere Themen – wie KI – zu meiden? Ist KI in einer fatalen Entwicklungsreihe zu sehen (u. a. mit TV und Video, Spielkonsolen, permanenter Internetanbindung), die zu Problemen (u.a. Aufmerksamkeitsstörungen, Schulprobleme, Sucht) führt und in die „digitale Demenz“ stürzt (Spitzer 2014, 298)? Muss schulische Bildung sich daher durch Technik-Abstinenz auszeichnen, um wahrhaft Bildung zu befördern?

1.1 KI als theologisch relevantes Thema

Der erste Fragehorizont suggeriert eine dualistische Scheidung: Auf der einen Seite gebe es eine auf die christlich-jüdische Glaubenstradition rekurrierende Theologie; auf der anderen Seite stünden Entwicklungen von KI und ihre lebensweltlichen Implikationen. Unterschiedliche Überlegungen lassen jedoch die Brüchigkeit dieses Zugangs erkennen. So wurde bspw. bereits herausgearbeitet,

  • … dass sich aus der Theologie keine Negativ-Argumente gegen KI ableiten lassen. Vielmehr verstärken deren anthropologische Implikationen die Aufgabe für Theologie, sich im öffentlich-säkularen Diskurs für menschliche Freiheit einzusetzen (Striet 2020).
  • dass die Klärung des ontologischen Status der KI neben der Anthropologie auch unmittelbare Konsequenzen für die christliche Schöpfungstheologie sowie Soteriologie entwickeln könnte (Göcke/Grössel 2021, 335f.).
  • dass Theologie sich zur Frage positionieren muss, ob KI-gestützte Roboter in liturgische Handlungen einbezogen werden sollen (Puzio 2023a, 6.1.).

Während diese Beispiele andeuten, dass die Theologie sich aus ihrer Eigenlogik heraus mit KI auseinandersetzen muss (Kohärenz), ergeben sich durch ihre Bearbeitung von Fragen rund um die KI relevante Implikationen (Relevanz) für den gesellschaftlichen Diskurs (Puzio 2023b, 14f). So wurde bspw. bereits herausgearbeitet,

  • … dass theologische Analyseinstrumente (u. a. Fragen nach Freiheit, Relationalität, Kontingenz) dabei helfen können, Ambivalenzen technischer Entwicklungen produktiv-kritisch zu reflektieren (Gärtner 2023, 114-119).
  • dass religiöse und technische Perspektiven auf KI sich im wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs  bereichern und so zu einem umfänglicheren Bild von Technik beitragen können (Platow 2020, 45).

Daraus folgt: Eine kohärente Theologie, die sich als gesellschaftlichrelevant erweisen will, muss die je aktuelle „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen“ (GS 1) wahr- und ernstnehmen und daher auch Fragen im Horizont von KI bearbeiten.

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1.2 KI als Bereicherung für (schulische) Bildung

Der zweite Fragenblock suggeriert, es gebe eine Art humanistisch geprägte, „gute“ Bildung auf der einen Seite und eine technisch verfremdete, kritikbedürftige Bildung auf der anderen Seite. Wie präsent eine solche Perspektive ist, zeigt eine Umfrage, in der über 2/3 der Teilnehmenden eine negative Auswirkung von KI auf schulischen Unterricht annehmen (Vodafone-Stiftung Deutschland 2023, 8). Werden allerdings Menschen befragt, die unmittelbar ins Bildungssystem involviert sind (u. a. Leitungsverantwortliche, Lehrer:innen und Schüler:innen), sieht die Sache anders aus: 90 % dieser befragten Gruppe sehen in KI eine Chance fürs Bildungssystem (Cornelsen Verlag 2023, 20)! Was zunächst verwundern mag, hat gute Gründe: Denn KI ist – wie zahlreiche Leitlinien von Kultusministerien, Schulämtern etc. aktuell begrüßenswert klar herausarbeiten (Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus) – ein ambivalentes Phänomen für (schulische) Bildung. Exemplarisch für diese Ambivalenzen stehen zwei unterdessen prominente und intensiv diskutierte Folgen des KI-Einsatzes in der (Hoch-)Schule: So wurde und wird bspw. auf der einen Seite hitzig diskutiert, inwiefern etablierte Prüfungsformate (u. a. Facharbeit im Rahmen des Abiturs; Hausarbeiten im Studium) sich angesichts der Potenziale von KI erübrigen würden (Heger 2023, 30). Auf der anderen Seite wird auch im öffentlichen Diskurs stetig bewusster, dass KI-Tools wertvolle Möglichkeiten für die Unterstützung von Schüler:innen mit Förderbedarf bieten – gerade in Zeiten des Lehrkräftemangels. Ganz im Sinne einer solchen abwägenden Analyse lesen sich auch die Empfehlungen des Deutschen Ethikrats zum Umgang mit KI im Bildungssektor (Deutscher Ethikrat, 2023, 219–250), die hellsichtig wichtige ethische und pädagogische Leitlinien formulieren. So soll KI bspw. als Lernbegleitung genutzt werden. Dies dürfe aber, so die Empfehlung, nicht zum Ersatz von Lehrkräften führen, da zwischenmenschliche Beziehungen ein wichtiger Bestandteil von Lern- und Bildungsprozessen seien (Deutscher Ethikrat 2023, 249). In ein ähnliches Horn der Differenzierung stößt auch die Ständige Wissenschaftliche Kommission der KMK und fordert zur bedachten Einführung von Large Language Models in Schulen mitunter eine Fehlerkultur sowie eine domänenspezifische Entwicklung von Tools und Kompetenzen (SWK 2024, 19). Noch ohne einen größeren bildungstheoretischen Angang unternommen zu haben (Abs. 2.2), zeigen diese exemplarischen Vergewisserungen: Bildung an (Hoch-)Schulen kann von KI profitieren. Die erwähnten Expertenpapiere bieten dazu wichtige Ausrichtungen, indem sie Potenziale und Effekte produktiv-kritisch analysieren und dabei eine simplifizierte Ja-Nein-Logik überwinden.

2 KI und (religiöse) Bildung

Die weiteren Puzzleteile dienen zum einen einer hermeneutischen Vertiefung der bisherigen Gedanken, zum anderen richten sie den Blick abschließend konkret auf den Religionsunterricht.

2.1 … als Frage der Haltung

Bei einer Analyse des aktuellen, in den Eingangszitaten gespiegelten Diskurses über KI und im Licht der nunmehr dekonstruierten Vorbehalte (Abs. 1) fällt zunächst eines auf: In den öffentlichen und teils auch wisenschaftlichen Fachdebatten um ChatGPT und Co. geht es nur zum Teil um relevante Sachargumente. Vielmehr zeigt sich – im vorliegenden Text u. a. bei Pichai und Thiede – die Prägekraft technikbezogener Haltungen: So verbirgt sich hinter manch kritischer Äußerung zu KI und KI-Tools nicht zuletzt eine tief verwurzelte Medienskepsis, während pragmatisch-unkritische Auffordrungen zu einem produktiven Umgang mitunter einer ebenso verwurzelten Medieneuphorie zugeschrieben werden können. Derartige Haltungen laufen jedoch Gefahr, eine einseitige Blindheit zu produzieren. Für einen wissenschaftlichen und auch bildungstheoretisch fundierten Zugang zu KI empfiehlt sich – diese extremen Straßengräben meidend – die Haltung eines kritischen Optimismus (Heger 2020, 39-41). Eine Haltung also, die aufmerksam die enthusiastischen Bekundungen von Fortschritt auf der einen und Verdammung auf der anderen Seite zu überwinden sucht. Diese metatheoretischen Einordnungen lassen sich konkret auf den religionspädagogischen Diskurs hin verlängern: In den wenigen vorliegenden Erwägungen zum neuen Themenfeld kommt gelegentlich eine starke Skepsis zum Tragen, wenn bspw. im Sinne eingangs erwähnter Superlative von ChatGPT als „Transzendenzverhinderungsmaschine“ (Hellgermann 2023, 8) die Rede ist. Im Hintergrund der meisten Zugänge steht jedoch besagter kritischer Optimismus: So wurde beispielsweise überzeugend erarbeitet, wie KI-Tools dabei helfen können, zentrale Aufgaben des Religionsunterrichts einzuholen (Chrostowski 2023, 82-87). Hellsichtig wird dabei aber auch darauf hingewiesen, wie KI im Zusammenhang zunehmender Digitalisierung religiöse Autonomie nicht nur befördern, sondern auch kontraintentional unterlaufen kann (Grümme 2022, 38f.). Diese Einordnungen können sowohl bei der Analyse des aktuellen Diskurses hilfreich sein. Darüber hinaus können sie Religionsdidaktiker:innen in Theorie und Praxis dazu motivieren, ihre Haltung hinsichtlich KI immer wieder neu zu prüfen.

2.2 … als Beitrag zu einem Leben in der Kultur der Digitalität

Ein erster Zugang hat bereits erkennen lassen, dass (schulische) Bildung pragmatisch bezüglich einzelner Aspekte vom KI-Einsatz profitieren kann (Abs. 1.2). Dieses nunmehr erweiterte Plädoyer für einen kritisch-konstruktiven Zugang zu KI lässt sich bildungstheoretisch ausbauen. Angesetzt werden kann dazu bei einer Reflexion über die (juvenile) Lebenswelt als Horizont (religiöser) Bildung: Mittlerweile ist es ein geflügeltes Wort, davon zu sprechen, dass wir uns in einer „Kultur der Digitalität“ bewegen (Stalder 2016). Und tatsächlich lässt sich – zumindest in industriell geprägten westlichen Staaten – kaum ein rein analoges Leben führen. Dies gilt insbesondere für Jugendliche, wie u. a. Selbstdarstellungs- und Kommunikationspraxen auf Social Media zeigen. Zu dieser Feststellung passt ein junges Studienergebnis: So gaben 40 Prozent befragter Schüler:innen im Jahr 2023 an, bereits Erfahrungen mit ChatGPT gesammelt zu haben (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2023, 30f.). Dieser wenig überraschende Befund lässt begründet vermuten, dass auch KI-gestützte Technologien zunehmend die Welterschließung nachfolgender Generationen prägen. Wenn ein Ziel von Bildung darin besteht, Subjekte zu einem freiheitlich-eigenständigen Umgang mit der Welt zu befähigen, dann ist vor diesem Hintergrund für die Gretchenfrage nach dem Umgang mit KI bildungstheoretisch klar: (Schulische) Bildung muss Kinder und Jugendliche auch für einen produktiv-kritischen Umgang mit KI stärken. Religiöse Bildung ist daher gleich doppelt auf KI verwiesen: Zum einen ist sie vor diesem bildungstheoretischen Hintergrund angehalten, ihren Beitrag für den Aufbau von Medienkompetenz angesichts einer Kultur der Digitalität auszuweisen (Heger, 2020, 43-50). Zum anderen ist es ihre Aufgabe, das Bildungspotenzial jüngster theologischer Überlegungen rund um KI einzuholen (Abs. 1.1).

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2.3 … als Frage religionsdidaktischer Konkretion

So deutlich damit wird, dass auch religiöse Bildung grundsätzlich „KI umarmen“ (Lobo) muss, so klärungsbedürftig bleibt die Frage, wie dies zu leisten ist. Erste Pilotprojekte zum Einsatz von KI in Schulen (bildung. digital) sowie Überblicke über religionspädagogische Literatur (Chrostowski 2023, 81f.) lassen – gerade im Vergleich mit anderen Disziplinen – eine gewisse Zögerlichkeit erkennen. Dies mag mitunter daran liegen, dass es in der Kultur der Digitalität nicht mehr genügt, den Religionsunterricht ausschließlich als eine „Zeit der Unterbrechung, des Fastens“ (Pelzer/Trocholepczy 2013, 308) hinsichtlich des technischen Zeitalters auszuweisen. Und genau hier gilt es, den Weg des „learning by doing“ auch auf dem theoretischen und praktischen Feld der Religionsdidaktik fortzusetzen. Im Spiegel bislang vorliegender Publikationen und im Sinn des doppelten Verweises religiöser Bildung auf KI (Abs. 2.2) schält sich ein letzter Gedanke dabei heraus: KI und ihre Auswirkungen auf das individuelle und kollektive Leben können und sollten im Religionsunterricht – verquickt mit fachspezifischen Erschließungswerkzeugen (bspw. dem Diskurs über Freiheit, menschliche Verantwortung, Würde etc.) – weiterhin produktiv-kritisch als Lerngegenstände erschlossen werden. Medienpädagogisch leistet der Religionsunterricht damit einen wichtigen Beitrag zum Lernen über Medien (Heger 2020, 41f.). Wie KI aber sinnvoll als anwendungsbezogenes Tool von Religionslehrkräften zur Vorbereitung des Unterichts und von Schüler:innen konkret im Rahmen religiöser Lern- und Bildungsprozesse zum Einsatz kommen kann und sollte, das gilt es in nächster Zukunft praktisch zu erproben und wissenschaftlich zu reflektieren (Hege 2023, 33f.). Gerade dabei scheint ein Vorschlag Anna Puzios hellsichtig: So wichtig eine fundierte Reflexion ist, so wichtig ist es für Theologie und Religionspädagogik angesichts der Technologisierung, offen auf Technlogien und andere Disziplinen zuzugehen sowie „ohne Angst zu experimentieren“ (Puzio 2023b, 16).

3 Von der Gretchenfrage zum bedachten Umgang

Nimmt man alle Gedanken dieses vielfältigen Puzzles zusammen, dann ist zwar das finale Bild von KI und religiöser Bildung noch nicht zu erkennen. Allerdings zeichnen sich Konturen ab: Die Gretchenfrage des „Ob“ kann im Spiegel der Ausführungen wohl als verabschiedet gelten. Und für die Frage der Ausgestaltung des „Wie“ wurden mit der Haltung des kritischen Optimismus (Abs. 2.1), einer bildungstheoretischen Ausrichtung (Abs. 2.2) sowie ausstehender Konkretionen auf der formalen Anwendungsebene von KI im Rahmen religiöser Lern- und Bildungsprozesse (Abs. 2.3) Optionen eröffnet Bleibt – abseits der wissenschaftlichen Entwicklungen – für jede:n Leser:in die persönliche Frage: Wie hältst Du es mit KI und was bedeutet das für deinen Religionsunterricht? Das vorliegende Gedankenpuzzle lädt dazu ein, mit seinen Teilen auch die Reise zu einem individuell bedachten Umgang mit KI zu eröffnen. Viel Freude und kritischen Optimismus!

Literatur

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  • Spitzer, M. 2014, Digitale Demenz. Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen, München.
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  • Thiede, W. 2015, Digitaler Turmbau zu Babel. Der Technikwahn und seine Folgen, München.
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