Schulpastoral und Spiritualität

Mit neuer Kraft voraus

Schulpastoraltag 2023. Von Anja Legge.

Mit 120 Teilnehmenden, 26 Workshops und ganz viel Selbstfürsorge, fachlich-kreativem Input und persönlicher Begegnung kann der Schulpastoraltag 2023 im Würzburger Kilianeum eine durchaus stolze Bilanz verbuchen. Eingeladen hatten die Fachstelle „Schulpastoral“ und die Fachstelle „Jugendarbeit und Schule“ der Kirchlichen Jugendarbeit. Gekommen waren staatliche Lehrkräfte aller Schularten, ReligionslehrerInnen im Kirchendienst, JugendreferentInnen, Pastoral- und GemeindereferentInnen, Diakone, Priester und Ordensleute, SozialpädagogInnen und ErzieherInnen – kurz: Menschen vom Kahlgrund bis Baunach, die das Leben in der Schule mitgestalten.

Foto: Anja Legge

Seit 2003 gibt es den beliebten, kostenfreien Fortbildungstag in der Diözese Würzburg. Während die Veranstaltung 2021 coronabedingt noch virtuell stattfinden musste, konnte man diesmal unbesorgt live zusammenkommen. „Damit die Quelle wieder sprudelt“ lautete das Motto und genau das war auch erklärtes Herzensanliegen von Helga Kiesel und Thorsten Kneuer von der Schulpastoral sowie von Stine Hassing vom Team Jugendarbeit und Schule: „Kraft schöpfen, gute Gespräche führen und neue Ideen für den Alltag sammeln.“

Nach einem kurzen Willkommen im Café Dom@in übernahm Thorsten Kneuer das Warm-up. Seine Startimpulse zum Da-Sein und für ein kurzes Gespräch mit Nebenmann/frau sowie seine Ermutigung zu gesundem Selbstbewusstsein lösten die Stimmung sichtlich. Dann

konnten die Teilnehmenden jeweils einen Vormittagsund einen Nachmittags-Workshop besuchen. Das Themenspektrum reichte von Meditation bis zu kreativer Gestaltung, Ausflüge in Augustinerkirche, Dom und Neumünster gab es ebenso wie Gesprächsrunden über queere Menschen in der Schule, einen Blick über den europäischen Tellerrand oder ein Kurzfilmkino. Wie groß die inhaltliche Bandbreite war, belegt folgende exemplarische Auswahl von sieben der insgesamt 26 Workshops:

Bei Helene Sauter etwa drehte sich alles um das Thema Märchen – Kindheitsbegleiter und Kulturgut, Spiegel für das Leben, Weisheitsschule und Heilerzählung, aber auch willkommenes Hilfsmittel für Lese-Förderung, Erstkommunion-Vorbereitung oder Predigteinstieg. „Bei jedem Lesen finden sich auch in altbekannten Märchen Passagen, die uns in der Seele rühren, überraschen und ganz neu ansprechen“, so Sauter. Neben dem eigenen Erzählen lud sie zum gemeinsamen Nachdenken ein, gab Tipps für kreatives Erzählen, Verständnishilfen und Literaturhinweise an die Hand.

Foto: Anja Legge

Alexandra Andersen führte in das Modell der Gewaltfreien Kommunikation ein. Fragen gab es viele – etwa wie man sich als Lehrkraft echte Aufmerksamkeit verschafft oder wie man mit Aggressionen umgeht. „Gewaltfreie Kommunikation ist nichts für Weicheier“, so Andersen. Schließlich sei die Basis von Empathie und guter Kommunikation zunächst einmal ungeschönte Selbsterkenntnis und der Mut, sich selbst zu zeigen – und zwar nicht nur tough und belastbar, sondern auch menschlich-verletzlich. In der Situation selbst ermutigte sie zum Umdenken und einem schrittweisen Vorgehen von der Beobachtung über Gefühl und Bedürfnis bis hin zur ausgesprochenen Bitte.

Um „Kreative Gestaltungselemente im Religionsunterricht“ oder „Lernen mit Kopf, Herz und Hand“ ging es bei Evelyn Nickel. Sie leitete zum Basteln eines raffiniert geklebt und gefalteten Mini-Kunstbuchs an. Aus der unmittelbaren Freude am kreativen Tun entwickelten die Teilnehmerinnen direkt erste Ideen für den Einsatz im Unterricht, zum Beispiel als Erinnerungsalbum für die vierten Klassen oder Bilderbuch für Bibelgeschichten. „Es darf nicht immer alles mit Noten verbunden sein“ und „eine anregende Art, Wissen zu verpacken“ urteilten die Bastlerinnen am Ende.

„Präsenz, Körper-Haltung und Stimme“ waren die zentralen Elemente bei Stine Hassing. Mit Ernst und ganz viel Spielfreude probierten die Teilnehmenden unterschiedlichste Sprecherrollen aus. Indem sie dem Publikum mal lauthals schreiend auf einem Bein, mal nervös und mit aufgesetzter Jugendsprache, mal kindlich-naiv begegneten, wurde deutlich, wie Stimme und

Foto: Anja Legge

Körperhaltung die Botschaft verändern. Dies bot Anlass, das eigene Verhalten zu reflektieren und Eigen- und Fremdwahrnehmung zu klären. Mit Tipps für Stimme und Rhetorik ermunterte Hassing zu einer authentischen Haltung und schickte die Lehrkräfte mit dem „Besten Text der Welt“, aufrechtem Gang und einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen zurück ins Plenum.

Foto: Anja Legge

Susanne Warmuth informierte in ihrem Workshop über den Umgang mit „SchülerIinnen mit psychischen Beeinträchtigungen“. Das Spektrum reiche dabei von ADHS, Angst- und Schlafstörungen bis hin zu Selbstverletzung, Essstörungen, Borderline oder Autismus. Neben der Antwort auf viele spezifische Nachfragen nannte Warmuth Warnzeichen, klärte auf, was man unterlassen und stattdessen tun sollte, gab Hinweise auf fachliche Hilfsangebote und ermunterte zu Austausch und einer „Vision der Hoffnung“.

Andrea Buhler-Schmidt zeigte, dass „Zeitmanagement“ erlernbar ist. Für ein „Mehr an Zeit“ empfahl sie, sich zunächst bewusst zu machen, dass man seine Zeit selbst in der Hand hat. Kalender führen, nein sagen, der eigene Biorhythmus, Überdenken der eigenen Rollen, Pufferzeiten und Blockzeiten für Ehepartner und Familie waren einige der vielen konkreten Tipps. Dass viele Teilnehmende sich selbst als „Gratwanderer“ einschätzten oder gar „unter Lawinengefahr“ standen, darf dabei durchaus als Alarmzeichen für Überlastung und zu hohe Ansprüche von Gesellschaft und Arbeitswelt interpretiert werden.

Zu einer „Reise in unsere innere Quelle“ lud Karin Pilhofer ein. Denn: „Nur wenn mein eigenes Gefäß voll ist, kann ich auch an andere Menschen etwas abgeben“, so Pilhofer. Von ihr angeleitet konnten die Teilnehmenden in kurzen Meditationen den Weg zur eigenen Quelle als Ort der Kraft, der Heilung und des Lichts antreten. Neben viel stiller Atem-Praxis wurde auch gemeinsam nachgedacht: Was hilft mir, um im Hamsterrad des Alltags mit mir in Verbindung zu kommen? Wie stoppe ich mein Gedankenkarussell? Wo kann ich selbst Raum für Meditation schaffen? Was bringen Hilfsmittel wie CD, Klangschale oder Bodyscan?

Foto: Anja Legge

In eine ganz ähnliche Richtung wies auch der Mittagsimpuls von Birgit Hohm zum Tagesmotto „Damit die Quelle wieder sprudelt“. Ausgangspunkt ihrer Gedanken war eine Vision aus der Offenbarung des Johannes, wo es heißt: „Wer durstig ist, den werde ich umsonst aus der Quelle trinken lassen, aus der das Wasser des Lebens strömt.“ Die Asche des Vergangenen, des Schmerzes und der Trauer ließ sie gemeinsam mit den Farben des Lebens und der Sehnsucht, von Sinn, Kraft, Kreativität, Freude und Gemeinschaft in ein großes Glas Wasser rieseln – als Aufforderung, immer wieder aus dem bunten Glas des Lebens zu schöpfen.

Wie sehr der Schulpastoraltag 2023 ankam, wurde in kurzen Gesprächen zwischen Gemüsesuppe und Nachtisch klar: Viele bezeichneten den Tag als „Fortbildung, die ich mir selber gönne“. Simone Dempewolf etwa suchte bewusst Input für den Unterricht, Silke Arnold profitierte von neuen Impulsen und Blickwinkeln. Karola Kimmel und Melanie Roth freuten sich KollegInnen zu treffen und nahmen „auch diesmal etwas mit, was man direkt am nächsten Montag anwenden kann“. Eine junge

Mutter in Elternzeit nannte den Schulpastoraltag einen „Wohlfühltag“, und eine Ruheständlerin holte sich Anregungen zum Zeitmanagement, „weil ich in der Rente irgendwie kaum noch Zeit habe“. Auch Schulreferent Jürgen Engel war der Tag übrigens wichtig. Er selbst komme schon immer hierher – als Pasti, Lehrer und Schulreferent –, „weil es ein Tag zum Auftanken ist, die Stimmung so wunderbar entspannt und fröhlich ist und es unzählige Möglichkeiten der Begegnung gibt“.

Zum Vormerken:

Der nächste Schulpastoral-Tag findet am 10. Mai 2025 statt.

Foto: Anja Legge

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert