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Vom Herrn Schulpastoral zum Schulseelsorger

Ein Erfahrungsbericht von Michael Kerber, Schulseelsorger am Gymnasium in Veitshöchheim.

Vor mehr als 20 Jahren habe ich meine Weiterbildung „Schulpastoral“ begonnen und schließlich im Frühjahr 2004 abgeschlossen. Seitdem habe ich den Titel „Beauftragter für Schulpastoral“, „Herr Schulpastoral“, oder etwas abwertend „Herr Schulpastetchen“ geführt. Obwohl mir Aufgabenfeld und Tätigkeitsbereich ein echtes Herzensanliegen sind, habe ich mich mit diesen Bezeichnungen nie richtig wohl gefühlt. Es war immer ein schwieriger Weg, aus der Aufgabe „Schulpastoral“ eine Person werden zu lassen. Und dabei ist es doch genau das, was diese Aufgabe ausmacht: persönlich da zu sein, ansprechbar zu sein, pastoral-beistehend zu begleiten.

ationen kommt mir immer die Einstiegsgeschichte meiner ersten Schulpastoralausbildung in den Sinn, wo es um das Jesuswort an den blinden Bartimäus ging: „Was willst du, dass ich dir tue?“ Mit dem Jungen, der die Todesnachricht verarbeiten musste, bin ich dann gemeinsam spazieren gegangen.

Diese Problematik habe ich auch in den Infobriefen für die Elternschaft immer wieder beschrieben, wenn es darum ging, meine Tätigkeit an der Schule vorzustellen. In der Ausbildung hatte ich noch gelernt, dass wir das, was wir tun, nicht „Schulseelsorge“ nennen durften – der Begriff „Seelsorger“ war damals noch dem Klerus vorbehalten. Folglich hieß es dann im Infobrief: „Das Angebot Schulpastoral möchte zu einem angenehmen und menschlichen Miteinander innerhalb unseres Systems Schule beitragen. (Man könnte die Tätigkeit auch allgemein einfach als „Seelsorge“ bezeichnen, aber das darf ich nicht …)“

Solche und ähnliche Gedanken habe ich immer wieder geäußert, wenn ich einem meiner Ausbildenden begegnet bin. Zum Beispiel Ulrich Geißler, der mir im Juli 2017 eine Mail schrieb, in der er mir mitteilte „dass inzwischen der Begriff Seelsorger oder Seelsorgerin nicht mehr nur von Klerikern verwendet wird.“ Er schlug mir dann vor: „Wenn du dich so verstehst und gern so bezeichnen möchtest, kannst du dich problemlos Schulseelsorger nennen.“

Ganz ehrlich: Diese Information war tatsächlich eine Befreiung für mich. Denn endlich konnte ich mir einen Namen geben, der von den meisten Menschen ohne lange Erklärungen verstanden wird. Und genau so verstehe ich meine Aufgabe auch, als „Seelsorger“. Ich denke da zum Beispiel an den Israelaustausch des Landkreises Würzburg, als ein Junge am letzten Tag vom Tod seines Vaters erfahren hat. In dieser und ähnlichen Situ-

Als ich mich im Frühjahr 2002 für die Weiterbildung „Schulpastoral“ angemeldet habe, war ich noch an einem kirchlichen Gymnasium eingesetzt. Zu Beginn der Ausbildung hatte es mich bereits an ein staatliches Gymnasium verschlagen, wo ich seitdem tätig bin. Ich gebe zu, dass es bei uns kaum explizit „schulpastorale“ Aktivitäten in Form von spirituellen, religiösen oder gottesdienstlichen Events gibt. Gleichzeitig geben wir – die Lehrkräfte der Fachschaften Evangelische und Katholische Religionslehre – uns aber alle Mühe, das spezifisch Christliche sichtbar zu machen. Sei es in Form unserer Schulgottesdienste oder der Taizé-Fahrt, vor allem aber durch unsere den Mitmenschen zugewandte Art – egal ob wir explizite „Schulpastoralies“ sind oder nicht.

Ist es anmaßend, bei schulpastoraler Tätigkeit von konkreter Jesusnachfolge zu sprechen? Wenn man zum Beispiel an Jesu Einsatz für die gekrümmte Frau, den Zöllner Zachäus, den von Dämonen Gepeinigten denkt … ist das nicht genau das, was wir wollen? Diesen Menschen in einer bestimmten Situation des Lebens eine Minute, eine Viertelstunde, eine Stunde Beistand, Gehör und Zeit schenken – und sie dadurch aufrichten, aufwerten, erleichtern und befreien? Vor allem im Lebensraum Schule sollten wir doch getragen sein von Jesu Wort „Lasst die Kinder zu mir kommen. Hindert sie nicht daran.“ Deshalb: Nein, anmaßend ist es keineswegs, im Gegenteil: Es ist gut so.

Ich für meinen Teil fühle mich mit der Bezeichnung „Schulseelsorger“ sehr wohl. Immer wieder blitzt dabei in mir die Bartimäus-Geschichte auf: Wenn ich mit der Kollegin über ihre kranke Schwester spreche, wenn ich mir die Geschichte vom geärgerten Jugendlichen anhöre oder wenn ich vom Schulleiter höre, dass er ziemlich Stress hat, frage ich mein Gegenüber: „Was willst du, dass ich dir tue?“ und handle.

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