Medien und Digitalität

Mit KI im Dialog

Prompt Engineering für Lehrkräfte. Mit einem Unterrichtsentwurf für die 6. Klasse GYM. Von Barbara Mack

1. Eine (Zukunfts-)Vision?

Lassen Sie uns gemeinsam einen Blick in eine nicht allzu ferne Zukunft werfen. Die viel zu wenigen Lehrkräfte können den Belastungen, denen sie ausgesetzt sind, kaum noch standhalten: Immer größere und heterogene Klassen erfordern neben dem Unterricht ein immer stärkeres soziales Engagement, um den individuellen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler gerecht zu werden. Gleichzeitig steigen die Ansprüche an Unterrichtsvorbereitung und -durchführung, Elterngespräche, Konferenzen und Fortbildungen und ein hohes Maß an administrativen Aufgaben haben die Lehrkräfte an den Rand der Belastungsgrenze gebracht – und viele von ihnen überschreiten diese Grenze bereits regelmäßig. Das Bildungswesen steht kurz vor einem Kollaps.

Innovative Köpfe im Kultusministerium diskutieren deshalb eine revolutionäre Idee: Was, wenn jede Lehrkraft einen persönlichen Assistenten oder eine persönliche Assistentin zur Seite hätte, der oder die sie bei den vielen Routineaufgaben unterstützt? Natürlich müssten diese Assistenten und Assistentinnen nicht nur administrative und organisatorische Aufgaben übernehmen können, sondern auch pädagogische und psychologische Kenntnisse haben. Die Idee der „Edu-Buddies“ für die Lehrkräfte ist geboren. Und siehe da – die Lehrkräfte können sich plötzlich wieder mit Freude und Begeisterung auf ihre Kernaufgabe, den Unterricht konzentrieren. Und schnell sieht man tiefgreifende Veränderungen: Krankheitsausfälle gehen massiv zurück. Die Lehrkräfte haben viel mehr Zeit, individuell auf ihre Schülerinnen und Schüler eingehen. Bayern führt plötzlich in der PISA-Studie …

Ein schöner Traum… vielleicht greifbarer, als wir denken? Die Idee einer persönlichen Assistentin, eines persönlichen Assistenten ist gar nicht so weit hergeholt. Ihr Name ist KI (Künstliche Intelligenz) und sie steht uns schon seit einiger Zeit immer freundlich, oft kostenfrei und unterstützend zur Verfügung.

2. Einsatzmöglichkeiten von KI in der Unterrichtsvorbereitung

Als professionell ausgebildete Religionslehrkräfte können wir selbstverständlich alle unsere beruflichen Aufgaben selbst erledigen – doch was spricht dagegen, uns von einem künstlichen „Edu-Buddy“ unterstützen zu lassen? Wir nutzen ja bereits viele Technologien wie Excel zur Notenberechnung, Textverarbeitungsprogramme zur Korrektur unserer Texte und Präsentationssoftware zur Erstellung ansprechender Visualisierungen. KI erweitert nun unser Portfolio an digitalen Helfern.

Und gerade für Lehrkräfte sind die Einsatzmöglichkeiten von KI-Anwendungen ausgesprochen vielfältig. Hier nur einige Beispiele von Aufgaben, bei denen die KI uns Zeit sparen kann kann:

  • Ideen finden und entwickeln
  • Titel formulieren
  • Texte erstellen, zusammenfassen, in verschiedenen Niveaustufen schreiben, überarbeiten
  • Fragen, Quiz, Lückentexte erstellen
  • Projekte entwickeln und planen
  • Unterrichtsstunden/Unterrichtseinheiten planen und strukturieren
  • Bewertungsraster erstellen
  • Vertretungsstunden vorbereiten
  • Elternmails, Berichte formulieren
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3. Prompt-Engineering

3.1. Was ist ein Prompt – und was ist Prompt Engineering?

Bei der ersten Anwendung von KI-Tools wie Chat GPT oder Gemini schwanken viele Lehrkräfte zwischen Begeisterung und Ernüchterung. Einerseits ist es faszinierend, zu sehen, wie in Sekundenschnelle ganze Texte produziert werden. Andererseits stellen wir häufig fest, dass die Antworten nicht dem entsprechen, was wir uns eigentlich vorgestellt haben. Oft sind sie oberflächlich, und manchmal sogar fehlerhaft, und wir werden schnell dazu verleitet, die Möglichkeiten, die KI-Anwendungen uns bieten, zu unterschätzen.

Hier helfen die sogenannten „Prompts“.

Im Kontext der Künstlichen Intelligenz bezieht sich der Begriff Prompt auf die spezifischen Anweisungen, die wir geben, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Diese Anweisungen so zu formulieren, dass wir eine möglichst präzise Antwort erhalten, nennt man „Prompt Engineering“. Mit wenigen Tipps und Tricks kann jeder die Antworten von KI-Anwendungen signifikant verbessern. Gerade wir Lehrkräfte, die darin geübt sind, klare und eindeutige Aufgabenstellungen zu formulieren, haben hier einen natürlichen Vorteil.

3.2 Grundprinzipien des Promptings:

Effektives Prompt Engineering beginnt mit Klarheit und Präzision. Formulieren Sie genau, was die KI Ihnen liefern soll. Unklare oder mehrdeutige Anweisungen können zu oberflächlichen, allgemeinen oder gar falschen Aussagen führen.

• Allgemeiner Kontext:

Die Ausgaben der KI werden wesentlich genauer, wenn man ihr im Vorfeld möglichst viel Kontext bietet: Es ist wichtig, genau zu formulieren und alle wichtigen Details hinzu zu fügen, die die KI braucht, um die Aufgabe sinnvoll und korrekt zu erledigen.

• Klare Zielformulierungen

Es hilft, genau zu überlegen, was das Ziel der Eingabe ist: Informationen über ein Gebiet zu erhalten, oder generative, kreative Inhalte zu schaffen.

Beispiele:

Prompt zur Informationsgewinnung:

Ungünstig „Sag mir etwas über die Evangelien“.
Dieser Prompt ist ungenau und vage. Er gibt keine klare Richtung vor. Eine oberflächliche Antwort ist wahrscheinlich.

Besser: „Gib mir zu jedem der vier Evangelien einen kurzen Überblick über Autor und Entstehung und fasse die Inhalte zusammen.“

Prompt für eine generative Aufgabe:

Ungünstig: „Erzähle mir eine Geschichte von Jesus“.
Hier fehlt Kontext und Richtung. Möglicherweise würde eine Phantasiegeschichte kreiiert, die zwar eloquent klingt, aber mit den Geschichten von Jesus aus den Evangelien oder den Wünschen der Lehrkraft nichts zu tun hat.

Besser: „Erzähle die Geschichte von Jesus und Zachäus so, dass sie Kinder in der Grundschule (8 Jahre alt) verstehen können“ oder „Erzähle eine Geschichte, in der Jesus auf eine Aktivistin der Klimabewegung trifft. Welche Botschaft könnte er für sie haben? Was fände er gut, was würde er kritisieren?“

Mit diesen grundlegenden Techniken lassen sich bereits beeindruckende Ergebnisse erreichen.

3.3 KI-Flüstern: Fortgeschrittene Prompt-Techniken

• Feedbackschleifen
Selten ist das Ergebnis auf Anhieb perfekt. Da die KI sich allerdings „merkt“, worüber Sie sich mit ihr unterhalten haben, ist es innerhalb derselben Konversation immer möglich, Nachfragen zu stellen, weitere Präzisierungen hinzuzufügen oder Änderungen anzuregen. So kann unter Einbeziehung mehrerer „Feedbackschleifen“ der Prompt immer mehr verfeinert und verbessert werden, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen.

• Rollenvergabe
Sie können der KI-Anwendung auch eine Rolle vergeben, in die sie schlüpfen soll, z.B. „Du bist eine Religionslehrkraft mit mehrjähriger Unterrichtserfahrung und einem speziellen Interesse am Einsatz digitaler Medien….“ Das hilft der KI, den Fokus von Anfang an richtig zu setzen.

• Erweitertet Kontextualisierung
Kontext ist für die KI notwendig, um überhaupt relevante Aussagen treffen zu können. Doch Kontextualisierung kann noch viel mehr. Hier können Sie alles eingeben, was Ihnen relevant erscheint: Die Alters-oder Klassenstufe, das Vorwissen, das Sprachniveau, das Sie erwarten, Beispieltexte, an denen die KI sich orientieren kann, und vieles mehr.

• Einsatz von spezifischen Instruktionswörtern und technischen Befehlen
Der Einsatz von Operatoren wie „analysiere“, „vergleiche“, „erkläre“ usw. führt zu konkreteren und passenderen Prompts. Auch technische Hinweise, z.B. zum Output („Gib mir die Antwort in Stichpunkten, als Tabelle, als Liste“, sind hilfreich und sparen Zeit und Arbeit. Dazu gehört auch auch die Einschränkung der Antwortmöglichkeiten: Sagen Sie der KI genau was Sie wollen: „5 Stichpunkte“, „3 spezifische Beispiele“ etc.

• Verwendung von Follow-up-Prompts und Prompt Chaining
Jederzeit können Sie weitere Aspekte ansprechen, das Thema ändern, neue Aufgaben hinzufügen lassen und weitere Beispiele, zusätzlichen Details oder Erklärungen durch weitere Nachfragen erstellen lassen. Beim Prompt Chaining baut jeder folgende Prompt auf die Antwort zum vorhergehenden auf, es wird also ein zielgerichteter Dialog geführt.

• Multimodale Prompts:
Viele Systeme (leider sind die meisten davon jedoch kostenpflichtig) geben die Möglichkeit, Dokumente, Bilder und Audiodateien hochzuladen, um sie zu analysieren und daraus den Kontext präziser abzuleiten.

• Seien Sie höflich zu Ihrer KI!

Obwohl am Anfang oft (und zurecht) betont wurde, dass KI-Anwendungen natürlich Maschinen sind, und deshalb empfohlen wurde, Eingaben möglichst kurz und knapp und ohne Emotionen zu formulieren, scheint sich jetzt herauszukristallisieren, dass dies nicht nicht der beste Weg ist. Neuere Studien legen nahe, dass KI-Systeme kreativer und besser arbeiten, wenn Eingaben höflich und freundlich formuliert sind. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass sich die KI offensichtlich mehr „anstrengt“, wenn man ihr sagt, dass das Ergebnis für einen persönlich wichtig oder entscheidend ist 😉

Beispiele für fortgeschrittene Prompts

„Fasse mir folgenden Text in 200 Wörter so zusammen, dass ihn Schülerinnen und Schüler im Alter von 12 Jahren verstehen können und gib die Zusammenfassung in drei Niveaustufen aus: *Text in das Promptfenster kopieren*“.

„Untersuche, wie verschiedene Weltreligionen zu aktuellen Umweltfragen Stellung nehmen. Erstelle mindestens 10 Präsentationsfolien, die die Ansichten von mindestens drei Religionen zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit vergleicht und diskutiere, wie diese religiösen Perspektiven das Handeln ihrer Anhänger beeinflussen könnten.“

„Entwickle zum folgenden Text jeweils 10 Fragen in drei Niveaustufen für Jugendliche ab 16 Jahren. Benutze dabei Operatoren. Gib am Ende aller Fragen die Antworten aus. *Text in das Promptfenster kopieren*“

4. Ein praktisches Beispiel – Schritt für Schritt

Eine Doppelstunde für die 6. Klasse GYM, Lernbereich 6.1: Staunen und Nachdenken über Gottes Welt

4.1 Ideen entwickeln

Ausgangsprompt:

„Generiere mir bitte zu folgendem Inhalt aus dem Bayrischen LehrplanPLUS für die 6. Kasse am Gymnasium drei mögliche Ideen für eine Unterrichtsstunde.…“

Unter drei verschiedenen Vorschlägen von Chat GPT gefiel mir folgende Idee am besten: „Philosophisches Café: Die großen Fragen des Lebens“.

4.2 Strukturierte Planung einer Unterrichsstunde „Philosophisches Café: Die großen Fragen des Lebens“

Für die Gestaltung einer Doppelstunde wurden mehrere Durchläufe benötigt, bis die Struktur den pädagogischen Erwartungen entsprach. Weitere Ideen, wie eine Bildbetrachtung zum Einstieg und das Führen eines Schreibjournals zur Sicherung des Gelernten, wurden im Verlauf des Dialogs mit der KI entwickelt und später in die Stunde integriert.

4.3 Erstellung von Materialien

Für jeden der 5 geplanten Cafétische wurden nun 5 verschiedene Impulskarten mit verschiedenen Zitaten, Fragen und Impulsen erstellt, die den Schülerinnen und Schülern helfen sollen, sich intensiv mit dem jeweiligen Thema auseinanderzusetzen.

4.4 Erstellung von Quizfragen

Zum Abschluss der Stunde wurden Quizfragen erstellt, um das Verständnis der Schülerinnen und Schüler zu überprüfen und die behandelten Inhalte zu festigen. Diese Fragen basierten auf den Diskussionsthemen der einzelnen Cafétische.

5. Herausforderungen und ethische Überlegungen

Der Einsatz von KI kann uns eine erhebliche Hilfe sein. Damit verbunden sind aber auch viele Herausforderungen. Die folgenden Gedanken können nur ein kleiner Ausschnitt dessen sein, was wir im Umgang mit KI bedenken müssen.

• KI-Programme sind weder Suchmaschinen noch darauf programmiert, „wahre“ und richtige Ergebnisse zu generieren. KI-Programme sollen möglichst menschenähnlichen Text erstellen, der von Menschen positiv bewertet werden soll. Es handelt sich dabei um LLMs (Large Language Models), die mit Hilfe von Wahrscheinlichkeiten berechnen, welche Wörter in welchem Zusammenhang am ehesten aufeinander folgen. Deshalb ist die Wahrheit einer Aussage keine Kategorie, die für KI relevant ist. Die Verantwortung der Überprüfung, ob Ausgaben korrekt sind, liegt beim Nutzer.

• Datenschutz: Fast alle zur Zeit zugänglichen Modelle benutzen Ihre Daten zum Training. Die Server liegen fast ausschließlich in den USA. Seien Sie deshalb sparsam mit persönlichen Daten. Schülerdaten sind ohnehin tabu.
• Transparenz: KI-Tools einzusetzen ist legitim und wird bald selbstverständlich sein. Ebenso selbstverständlich sollte es aber auch sein, transparent zu machen, wo und wofür man sie nutzt.

6. Wie geht es weiter?

Die Integration von KI in der Schule hat gerade erst begonnen, aber die Geschwindigkeit der Entwicklung auf diesem Gebiet ist schon jetzt atemberaubend. In den nächsten Jahren werden wir immer mehr Anwendungsmöglichkeiten sehen und erleben. Es steht zu hoffen, dass es immer mehr preisgünstige und datensichere Anwendungen für Schule und Unterricht geben wird.

Wir Lehrkräfte werden uns dieser Entwicklung nicht verschließen können. KI ist gekommen, um zu bleiben. Deshalb werden wir uns aktiv mit den Möglichkeiten, aber auch den ethischen Problemen, die sie mit sich bringt, auseinanderzusetzen müssen. Eine spannende, aber sicher nicht unproblematische Zukunft auf diesem Gebiet liegt vor uns. Indem wir diese Technologien kritisch betrachten und verantwortungsvoll einsetzen, können wir unsere Arbeit erleichtern und unseren Unterricht bereichern, aber auch unseren Schülerinnen und Schülern beibringen, wie man diese Werkzeuge kritisch hinterfragt und sinnvoll nutzt.

Den gesamten Chatverlauf mit Chat GPT 4 sowie viele Beispiele für KI-Anwendungen, die sich zum Einsatz in der Unterrichtsvorbereitung eignen, finden Sie auf der Taskcard zur aktuellen Ausgabe.

Die kompletten Unterrichtsmaterialien können Sie hier herunterladen.

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