Theorie und Praxis

Religionsunterricht kompetenzorientiert planen

Der ausführliche Unterrichtsentwurf. Von Stefan Heil, Guido Kunkel, Laura Müssig, Matthias Och und Mario Wald.

Vorbemerkung

Die ausführliche Verschriftlichung für einen kompetenzorientierten Religionsunterricht ist ein Bestandteil religionspädagogischer Professionalität. Die Vorlage dient dazu, die Planung einer Unterrichtseinheit (Einzel- oder Doppelstunde) zu strukturieren. Die Gliederung der schriftlichen Unterrichtsvorbereitung ist jedoch nicht gleichzusetzen mit dem tatsächlichen Prozess der Planung von Religionsunterricht. Dieser kann an unterschiedlichen Dimensionen beginnen und subjektiv sehr unterschiedlich verlaufen. Wichtig ist beim Prozess zu beachten, dass die einzelnen Dimensionen der Planung in einer sinnvollen Beziehung zueinander stehen und nicht isoliert sind. Erst am Ende der Planung werden die einzelnen Dimensionen in die vorgegebene Form gebracht.

Deckblatt

Auf dem Deckblatt werden folgende Angaben notiert:

  • Name Unterrichtende/r
  • Name Ausbildungsleiter/in oder Seminarleiter/in
  • Einsatzschule mit genauer Anschrift
  • Datum
  • Unterrichtsbeginn und Unterrichtsende
  • Klasse mit Anzahl der Schülerinnen und Schüler (SuS)
  • Fach
  • Stundenthema mit Lehrplanbezug
  • (bei Lehramtsanwärter/innen und Studienreferendaren/innen Angabe des Studienseminars und Seminarbezirks bzw. der Seminarschule)

1. Lehrplanbezug

Die Schülerinnen und Schüler (SuS) beschäftigen sich in einer Unterrichtseinheit (UE) als Einzel- oder Doppelstunde mit dem Stundenthema. Das Thema steht im LehrplanPlus im größeren Kontext der Kompetenzorientierung, d.h. es muss deutlich werden, welchen Beitrag die Stunde zur Kompetenzorientierung des LehrplanPlus leistet, und zwar auf drei Ebenen. Die einzelne UE bezieht sich auf:

  • Das Kompetenzstrukturmodell im Fachprofil mit Gegenstandsbereichen und prozessbezogenen Kompetenzen.
  • Die Grundlegenden Kompetenzen.
  • Den Fachlehrplan der Lernbereiche mit Kompetenzerwartungen und dazugehörigen Inhalten.

Die Darstellung des Lehrplanbezugs erfolgt über ein Formblatt (siehe Anhang: Formblatt Lehrplanbezug).

Abb. 1: Übersicht Ebenen des LehrplanPlus

2. Elementarisierung

Die Elementarisierung besteht aus den fünf Dimensionen elementare Strukturen, Wahrheiten, Erfahrungen, Zugänge und Lernformen. Diese fünf Dimensionen können in drei Bereiche zusammengefasst werden, die grundsätzlich sinnvoll aufeinander zu beziehen sind: Inhalte – Schülerinnen und Schüler – Vermittlung. Dies impliziert die Umsetzung des Prinzips der Korrelation. Zusätzlich ist auch die persönliche Auseinandersetzung mit den jeweiligen Themen und deren Schwerpunktsetzungen ein Einflussfaktor und sollte bei den Vorüberlegungen zur Elementarisierung überdacht werden. Die Grafik unten veranschaulicht dies.

Abb.2: Korrelative Grundstruktur der fünf Dimensionen

2.1 Inhalte

2.1.1 Elementare Strukturen

Die wesentlichen Stundeninhalte werden an dieser Stelle wissenschaftlich begründet, d.h. theologisch und wenn notwendig von anderen Bezugswissenschaften her. Dabei geht es nicht um eine isolierte theoretische Abhandlung – die Reflexionen beziehen sich direkt auf die Inhalte der geplanten Stunde in Bezug zur Kompetenzorientierung im LehrplanPlus.

Zu den wissenschaftlichen Aspekten können gehören:

  • Reflexion auf menschliche (Grund)- Erfahrungen und Lebensfragen, die für das Stundenthema von Bedeutung sind.
  • Herausarbeitung der theologischen Substanz des Themas.
  • Bezug der Stundeninhalte auf Situationen des christlichen Lebens (z.B. Alltagsleben, Kirchenjahr, Sakramente, Gebet, Brauchtum).
  • Reflexion der (alltags-) kulturellen Bezüge des Themas (z.B. Literatur, Film, Musik, Werbung, Milieu etc.).
2.1.2 Elementare Wahrheiten

In der Elementarisierung sind die Entdeckung und Begründung des „Bildungsgehalts“ eines Themas wesentliche Schritte der Unterrichtsvorbereitung.

  • Was ist an einem Thema „bildend“ für die SuS und warum ist es bildend?
  • Was hilft den SuS in deren personaler und religiöser Entwicklung?

Der Religionsunterricht will herausfinden, welche Aspekte des Themas für den Lebens- und Glaubensweg der SuS hilfreich sein können. Dies führt gleichzeitig zu dem theologischen Kern der Stunde, der für die SuS bildend sein kann.

2.2. Schülerinnen und Schüler

2.2.1 Elementare Zugänge

Die Reflexion zielt auf allgemein anerkannte Erkenntnisse der Entwicklungs- und Lernpsychologie für die jeweilige Altersstufe. Es geht darum zu zeigen, welche übergreifenden Merkmale für das Alter relevant sind:

  • Was sind die charakteristischen religiösen Merkmale dieser Altersstufe?
  • Was sind die charakteristischen entwicklungspsychologischen Merkmale dieser Altersstufe?
  • Was sind die charakteristischen soziologischen und psychosozialen Merkmale dieser Altersstufe?
2.2.2 Elementare Erfahrungen

In dieser Dimension kommt die jeweilige Klasse mit den konkreten Schülerinnen und Schülern (SuS) im Hinblick auf das Thema in den Blick. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Klassendiagnose und der Lernausgangslage in Bezug auf das Thema:

  • Klassendiagnose: Wie ist die Klasse zusammengesetzt hinsichtlich Sozialstruktur, Leistungsvermögen und Kommunikation untereinander? Welche persönliche, religiöse, kirchliche und familiäre Situation bestimmt den Habitus der einzelnen SuS?
  • Lernausgangslage: Wo können die SuS in ihren Lebenswelten der Thematik begegnet sein – vielleicht mit sehr unterschiedlichen Erfahrungen? Welche Kompetenzen bringen die SuS mit? Was beschäftigt sie hierbei? Mit welchen Einstellungen, Erfahrungen oder Fragen gehen sie an die Thematik heran?

2.3 Vermittlung: elementare Lernformen

Aus der Analyse der SuS und der Inhalte folgt, welche Methoden generell in der Lerngruppe möglich sind und welche nicht. Hier wird noch nicht der konkrete Stundenverlauf reflektiert, sondern ein Pool an Methoden, der zur Auswahl steht. Methoden beziehen sich auf die Auswahl der Medien und Sozialformen, die in Bezug auf einen Inhalt bei der Lerngruppe prinzipiell didaktisch sinnvoll sind. Dadurch wird die Dimension der elementaren Lernformen an die anderen Dimensionen der Elementarisierung rückgebunden.

2.4 Erweiterung: persönliche Auseinandersetzung und Schwerpunktsetzung der Lehrkraft

Neben den fünf klassischen Dimensionen der Elementarisierung sind auch der persönliche Bezug zum Stundenthema sowie der Einfluss der Persönlichkeit der Lehrkraft auf die jeweilige Lernsituation für das Gelingen des Unterrichts von großer Bedeutung. Deshalb ist es sinnvoll, sich zu fragen:

  • Welche Bedeutung hat das Thema für mich?
  • Welche Schwerpunkte sind mir wichtig?
  • In welchen Situationen des eigenen Lebens gab es Begegnungen mit der Thematik und wie verändert dies meinen professionellen Umgang damit?
  • Welche Erfahrungen mit Distanz beziehungsweise Nähe zur Thematik verbinde ich damit?

Die Lehrkraft kann hier auswählen, was sie von ihren Überlegungen in die schriftliche Unterrichtsvorbereitung einfließen lässt.

3. Religionsdidaktische Umsetzung

3.1 Sequenzplan: Darstellung der Sequenz

Eine Sequenz ist eine sinnvolle Abfolge mehrerer UE hin zu den anzubahnenden grundlegenden Kompetenzen aus dem LehrplanPlus. Jede UE steht daher nicht isoliert, sondern ist im größeren Kontext einzuordnen als ein Beitrag zu den letztlich angestrebten Kompetenzen aus dem LehrplanPlus.

Um diese kompetenzorientierte Funktion der jeweiligen UE genauer in den Blick zu bekommen, wird ein Sequenzplan erstellt. Er beschreibt die Einordnung der UE in die gesamte Sequenz. Er enthält für jede UE die Angabe des Themas, der Lernbereiche mit passenden Kompetenzerwartungen und des Schwerpunkts der Stunde nach den prozessbezogenen Kompetenzen. Dadurch werden die grundlegenden Kompetenzen für die einzelne UE operationalisiert. Die Kompetenzerwartungen und prozessbezogenen Kompetenzen werden in der jeweiligen UE auf dem Weg grundgelegt und sind dem LehrplanPlus zu entnehmen.

Um die spezifische Verknüpfung der Kompetenzerwartungen aus möglicherweise mehreren Lernbereichen für die jeweilige Sequenz deutlich werden zu lassen, wird ein Sequenzziel angegeben. Der Begriff Sequenzziel verbindet die einzelnen Kompetenzerwartungen aus einem oder mehreren Lernbereichen zu einem für die jeweilige Sequenz eigenen Ziel.

Das „Würzburger Modell“ basiert auf dem etablierten fünfphasigen Modell, nimmt jedoch einige religionspädagogische Veränderungen vor: Die Phasenbezeichnungen werden überwiegend beibehalten, um eine Wiedererkennung zu gewährleisten, die inhaltlichen Beschreibungen der Phasen werden jedoch an den Religionsunterricht angepasst. Weiterhin werden die fünf Phasen auf vier reduziert, um den Religionsunterricht flexibler gestalten zu können. Die ursprünglich eigene Phase „Orientierung geben und erhalten“ ist keine eigene Phase, sondern kann an allen Stellen der Sequenz nach Bedarf eingesetzt werden, so dass der Lernprozess jederzeit angepasst werden kann. Die Viererstruktur hat sich obendrein im religionspädagogischen Kontext durchgesetzt, so dass eine Vergleichbarkeit hergestellt werden kann.

Die geplante UE kann innerhalb dieser Sequenz sinnvoll verortet werden. Für die Darstellung der Sequenz kann das Formblatt „Sequenzplan“ verwendet werden (siehe Anhang: Formblatt Sequenzplan). 

Als Beispiel für die Struktur eines Sequenzplans dient folgendes Verlaufsmodell in vier Schritten:

Abb.3: Sequenzplan Würzburger Modell

3.2 Beschreibung und Begründung des unterrichtlichen Vorgehens der geplanten Stunde

Unterrichtliches Handeln sollte in den vorhersehbaren und planbaren Aspekten begründetes Handeln sein. Darum werden hier die zentralen didaktischen Schritte – Inhalte, Sozialformen und Medien – beschrieben und begründet: Es muss deutlich werden, warum genau dieser Inhalt, diese Sozialform bzw. diese Medien als Lernschritte verwendet werden, um die angestrebten Ziele und Teilziele hin zu den Kompetenzerwartungen grundzulegen. Die Inhalte, Sozialformen und Medien sollen die SuS über die Sinne ganzheitlich ansprechen. Allerdings müssen nicht alle Schritte begründet werden, vor allem dann nicht, wenn sie sich aus dem Unterrichtsverlauf zwingend ergeben. Bei der Darstellung ist die Orientierung an den verwendeten Phasen im Unterrichtsverlaufsplan sinnvoll.

3.3 Zielbeschreibung der Stunde

Jede UE als Einzel- oder Doppelstunde ist in den Prozess zur Kompetenzerwartung hin eingeordnet. Daher bedarf es der Formulierung eines möglichst konkreten Stundenzieles als ein Beitrag zur Erreichung der Kompetenzerwartung. Das Stundenziel muss weiterhin in Teilziele operationalisiert werden, um die didaktische Rhythmisierung der Unterrichtseinheit deutlich werden zu lassen.

Um das Stundenziel bzw. die Teilziele auf die Kompetenzerwartungen auszurichten, braucht man geeignete Operatoren, die die Zielrichtung der einzelnen Unterrichtsschritte beschreiben. Die Operatoren beziehen sich auf die sechs prozessbezogenen Kompetenzen. Bei der Beschreibung des Stundenziels und der Teilziele sind die prozessbezogenen Kompetenzen und die darauf Bezug nehmenden Operatoren sinnvoll aufeinander zu beziehen. Beispiele für Operatoren sind:

  • Wahrnehmen: aufdecken – aufmerksam werden – ausdrücken – benennen – beobachten –  beschreiben – umschreiben – wiedergeben – zeigen.
  • Verstehen: darlegen – darstellen – deuten – erkennen – erklären – erläutern – erschließen – ordnen – unterscheiden – vergleichen.
  • Urteilen: abwägen – bewerten – Haltung einnehmen – sich entscheiden – sich in Beziehung setzen – Stellung nehmen – Thesen formulieren.
  • Gestalten: ausdrücken – darstellen – entwerfen formulieren – symbolisieren – umsetzen – verändern – versinnbildlichen.
  • Kommunizieren: argumentieren – aufeinander eingehen – diskutieren – kritisieren – Meinung vertreten – sich austauschen – Stellung nehmen.
  • Teilhaben: Anteil nehmen – Entscheidungen aushandeln – Entscheidungen reflektieren – in Beziehung setzen – mitwirken – sich abstimmen – Verantwortung übernehmen.

Da die UE ein Teil der Unterrichtssequenz hin zur Kompetenzerwartung ist, muss bei der Auswahl und Begründung der didaktischen Schritte angegeben werden, welche prozessbezogene Kompetenz den Schwerpunkt der Stunde bildet.

3.4 Unterrichtsverlaufsplan

Der Unterrichtsverlaufsplan dient dazu, die zentralen Lernschritte übersichtlich darzustellen. Die Einzelstunde muss auch weiterhin in einem kompetenzorientierten Lernarrangement sinnvoll rhythmisiert werden, um bei SuS Lernprozesse zu initiieren. Dazu wird die Abfolge der einzelnen Lernschritte innerhalb einer Einzelstunde sinnvoll begründet. Hier ist besonders auf die innere Logik und Stimmigkeit der Benennung zu achten.

Als „äußere Form“ für Verlaufspläne bieten sich vier bis fünf Spalten an, z. B.:

Bei den einzelnen Spalten sind bestimmte didaktisch-methodische Schritte zu beachten.

Folgendes Phasenmodell kann dazu dienen, die UE angemessen zu strukturieren:

1. Lernen vorbereiten und initiieren

2. Lernwege eröffnen und gestalten

3. Kompetenzen stärken und erweitern

4. Lernen reflektieren und vernetzen

Die Phasen des Unterrichtsverlaufsplans sind an die des Sequenzplans angelehnt, jedoch mit unterschiedlicher Akzentuierung auf die UE bezogen (siehe Abb. 4).

Als Beispiel für die Struktur eines Unterrichtsverlaufsplans dient folgendes Modell in vier Schritten:

Abb. 4: Unterrichtsverlaufsplan Würzburger Modell

Ebenso kann eine UE auch mit anderen Modellen strukturiert werden, zum Beispiel:

  • Hinführung / Begegnung / Erschließung / Vertiefung / Transfer.
  • Einstimmung / Impuls / Themenkonstitution / Erarbeitung / Sicherung / Transfer / Ausklang.
  • Anfangen / Begegnen und Anknüpfen / Sich klar werden / Erarbeiten und Erschließen / Vernetzen und Sichern / Vertiefen Reflektieren und Positionieren / Ausklingen.

Die Lerninhalts-/Interaktionsspalte kann „dialogisch“, d. h. als Wechsel der Kommunikation der Lehrerinnen und Lehrer sowie SuS gestaltet werden. Sie kann aber auch nur aus geplanten Handlungen der Lehrkraft an Nahtstellen des Unterrichts und den dazugehörigen Impulsen bestehen. Zentrale Impulse werden wörtlich formuliert. Mögliche Reaktionen der SuS werden notiert. Bei der Formulierung von Arbeitsaufträgen (AA) ist auf Offenheit, Klarheit, Verständlichkeit und Schwierigkeitsgrad zu achten.

Sozialformen (z.B. EA, PA, GA, LSG) wechseln in sinnvoller Weise ab, um die Stunde schüleraktivierend zu rhythmisieren. Dazu werden adäquate Medien in einer eigenen Spalte notiert. Gängige Abkürzungen für Sozialformen und Medien können hierbei verwendet werden.

4. Anlagen

4.1 Literatur

Verwendete Literatur bitte fachgerecht zitieren (Textquellen – Internetquellen – Seminarmaterial)!

4.2 Medien

Die eingesetzten Medien wie Lehrererzählung, (Bibel-)Texte, Bilder, Tafelbild, Arbeitsblatt, aktueller Sitzplan der SuS usw. werden vollständig als Anlagen beigefügt.

4.3 Erklärung

Der schriftlichen Unterrichtsvorbereitung ist folgende Erklärung beizulegen:

Erklärung
Hiermit bestätige ich, dass ich keine anderen als die im Literaturverzeichnis angegebenen Hilfsmittel verwendet habe.

 

 

 

 

Anhang: Formblätter

 

Hier finden Sie die Formblätter noch einmal zum Herunterladen:

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